Nach Massenprotesten:Israel kündigt massive Strompreiserhöhung an

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Peinliche Panne oder Provokation? Am Wochenende sind Hunderttausende Israelis gegen die hohen Lebenshaltungskosten auf die Straße gegangen - Ministerpräsident Netanjahu kündigte an, sich mit den Forderungen der Demonstranten zu befassen. Doch die erste Reaktion der Regierung fällt anders aus: Die Strompreise sollen massiv steigen.

Nur zwei Tage nach den Massenprotesten überrascht die israelische Regierung um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit einer drastischen Erhöhung der Strompreise. Um 9,3 Prozent sollen die Preise steigen, teilte das Finanzministerium mit. Schuld seien die jüngsten Unterbrechungen von Gaslierferungen aus Ägypten wegen Anschlägen auf eine Pipeline, sagte ein Sprecher.

Israels Premierminister Netanjahu hatte nach den Massenprotesten angekündigt, sich um Lösungen zu bemühen - jetzt werden die Strompreise deutlich erhöht. (Foto: REUTERS)

Die Gasleitung von Ägypten nach Israel war auf der Sinai-Halbinsel in den vergangenen Monaten mehrfach das Ziel von Anschlägen geworden. Israel bezieht 43 Prozent seines Bedarfs an Erdgas aus Ägypten. Über geplante eigene Bohrungen nach Gas im Mittelmeer liegt Israel mit dem Libanon im Streit, weil dieser seine territoriale Souveränität in Gefahr sieht.

Die Ankündigung überrascht, denn noch am Sonntag hatte Finanzminister Juwal Steinitz versprochen, schnell Schritte einzuleiten, um die steigenden Lebenshaltungskosten im Land zu reduzieren. Vorausgegangen waren die größten sozialen Proteste in der israelischen Geschichte: Erst am Samstag waren etwa 350.000 Israelis auf die Straße gegangen, um gegen Wohnungsnot, Lohnunterschiede und die zu hohen Lebenshaltungskosten zu protestieren. Es war eine der größten Kundgebungen in Israels Geschichte, alleine in Tel Aviv demonstrierten 300.000 Menschen.

"Marschiert wie die Ägypter!", hatten Demonstranten in Anspielung an die erfolgreiche Protestbewegung im Nachbarland auf ein Plakat geschrieben. Die Proteste hatten vor mehr als drei Wochen mit einem kleinen Zeltlager von Studenten im Zentrum von Tel Aviv begonnen.

Das Parlament hat inzwischen eine Sondersitzung angeordnet, um sich mit den Forderungen der Demonstranten zu befassen. Thema der Beratungen sollen die hohen Lebenshaltungskosten sowie der Wohnungsmangel sein, sagte Sprecher Jotam Jakir. Mitglieder der oppositionellen Kadima-Partei hatten zuvor eine ausreichende Zahl von Unterschriften gesammelt. Dies ermöglichte eine Unterbrechung der parlamentarischen Sommerpause. Allerdings ist die Sondersitzung erst für Dienstag kommender Woche geplant.

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