Staatsfinanzen:Wie sich Bund und Länder künftig die Ausgaben aufteilen

Lesezeit: 3 min

Beim Thema Autobahnen - hier die A4 bei Gotha in Thüringen - haben sich die Länder durchgesetzt: Sie dürfen auch künftig nicht privatisiert werden. (Foto: Sebastian Kahnert/dpa)
  • Bund und Länder haben sich bei der Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen geeinigt.
  • Autobahnen sollen im Besitz des Bundes bleiben.
  • Schulen in finanzschwachen Kommunen sollen mit Bundesmitteln unterstützt werden.
  • Für Bremen und das Saarland soll es Sanierungsbeihilfen geben.
  • Viele Details sind allerdings noch offen: Klärungsbedarf besteht etwa beim Unterhaltsvorschuss für Alleinerziehende.

Von Michael Bauchmüller, Markus Balser und Constanze von Bullion, Berlin

Als es endlich vorbei ist, zeigt Angela Merkel sich zufrieden. Knapp acht Stunden lang hatte sie mit den Ministerpräsidenten der Länder verhandelt, es ging ans Eingemachte. Am Ende stehe ein "gutes Ergebnis im Sinne unserer Gemeinsamkeit, dass wir wissen, dass wir gesamtstaatliche Verantwortung tragen". So sagt es Merkel kurz nach Mitternacht: "Ein Riesenschritt." In den Details, so setzt sie hinzu, wolle sie sich aber nicht verlieren.

Wie auch - denn viele Details sind auch nach dem Treffen offen. Dabei wollten die Chefs von Bund und Ländern doch am Donnerstag diese letzten Details klären. Zur Klärung der Finanzbeziehungen vom Oktober sollte sich auch noch die Klärung von Kompetenzen und Verantwortlichkeiten gesellen. Doch viele Fragen bleiben erst einmal noch offen. Die Feinheiten sollen nun rasch in Texte gegossen werden.

Staatsfinanzen
:Schäubles Opfer

Die reichen Länder müssen die armen kaum mehr unterstützen. Das macht jetzt der Bund. Finanzminister Schäuble hat versäumt, sich beim Thema Finanzausgleich Verbündete zu suchen. Mit Absicht?

Kommentar von Cerstin Gammelin

Infrastruktur

Am weitesten fortgeschritten sind die Pläne für die neue Verteilung von Geld und Einfluss zwischen Bund und Ländern beim Thema Infrastruktur. Eine neue bundeseigene Fernstraßengesellschaft soll den Bau, die Planung und den Betrieb von Autobahnen von den Ländern übernehmen. Mit einer zentralen Steuerung will der Bund die oftmals marode deutsche Infrastruktur schneller sanieren.

Die Länder haben dabei durchgesetzt, dass eine spätere Privatisierung der Gesellschaft endgültig vom Tisch ist. Sowohl die Autobahnen als auch die Betreibergesellschaft werden per Grundgesetz als unveräußerliches Eigentum des Bundes festgeschrieben.

Die Länder konnten sich auch mit ihrer Forderung durchsetzen, autobahnähnliche Bundesstraßen weiter selbst zu betreiben. Sie sollten nach bisherigen Plänen auch in die neue Gesellschaft eingebracht werden. In einem weiteren Papier haben sich die Gipfelteilnehmer auf Leitlinien beim dafür nötigen Umbau der Behörden geeinigt.

Mehrere Tausend Mitarbeiter müssen den Plänen zufolge von Landesbehörden in die neue Bundesgesellschaft wechseln. Der Bund verpflichtet sich in dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, dazu, alle Beschäftigten der Länder in diesem Bereich zu übernehmen, auch die Bezahlung der Mitarbeiter, die nicht in die neue Gesellschaft wechseln wollen.

Bildung

Bislang sind für die schulische Bildung die Länder weitestgehend allein zuständig. Sie legen Lehrpläne fest, sie entscheiden über das Schulsystem, sie investieren in die Schulen. Eine Grundgesetzänderung soll es nun dem Bund ermöglichen, den Bau und Unterhalt von Schulen in finanzschwachen Kommunen dennoch zu fördern.

"Das ist ungeheuer wichtig", sagt Städtetags-Präsidentin Eva Lohse. Die Unterschiede zwischen finanzschwachen und prosperierenden Städten ließen sich so abmildern. Bis zuletzt hatten die Länder befürchtet, der Bund wolle sich auch in die Inhalte von Bildung einmischen. Diese Bedenken seien ausgeräumt, hieß es am Freitag. Wie genau der Passus aussehen soll, wird jedoch noch verhandelt.

Finanzen

Die großen Summen hatten Bund und Länder schon Mitte Oktober geklärt. Damals sagte der Bund zu, von 2020 an Ausgleichszahlungen von gut 9,5 Milliarden Euro an die Länder zu überweisen - im Gegenzug zur Neuordnung der Kompetenzen. In der Nacht zum Freitag kamen nun noch einmal jährlich 400 Millionen Euro für die chronisch klammen Länder Bremen und Saarland hinzu, als "Sanierungshilfen". Es soll ihnen helfen, die Schuldenbremse einzuhalten. Dafür müssen sie aber auch Schulden tilgen und etwas für ihre Wirtschaftskraft tun. Über fünf Jahre gestreckt sollen die beiden Länder ein Fünftel der Summe später wieder abstottern.

Unterhaltsvorschuss

Nichts ist gewiss bis auf die Beteuerung des guten Willens - das war Tenor beim Thema Unterhaltsvorschuss. Von einer Einigung kann hier noch keine Rede sein. Die Bundesregierung will auch älteren Trennungskindern, die keinen Kindesunterhalt bekommen, den Unterhalt vom Jugendamt vorschießen lassen, bis zum 18. Geburtstag statt wie bisher nur bis zum zwölften. Das kostet 790 Millionen Euro im Jahr.

Die Länder aber, allen voran das schwarz-grün regierte Hessen, wehren sich gegen Mehrkosten und fordern vom Bund mehr finanzielle Unterstützung. Kommunen warnen, die Reform komme zu schnell. Die Bundesfamilienministerin bot nun an, das Gesetz statt im Januar erst im Juli in Kraft treten zu lassen. Trennungskinder könnten dann rückwirkend Leistungen erhalten. Die Länder aber lehnten ab.

Geprüft werden soll nun auch noch, ob der Unterhaltsvorschuss bei Alleinerziehenden mit Hartz-IV direkt vom Jobcenter verrechnet werden könnte. Bisher muss er erst beim Jugendamt beantragt werden, nur damit er dann vom Jobcenter wieder abgezogen wird. Das führt zu Ärger und bürokratischen Doppelstrukturen. Eine Arbeitsgruppe soll nun Lösungen finden, notfalls erst Anfang 2017. Es gebe aber "den ganz festen Vorsatz", die Leistung auf ältere Kinder auszuweiten, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

So geht es weiter

Zumindest die Bundesregierung will nach Möglichkeit schon nächste Woche die nötigen Gesetzentwürfe durchs Kabinett bringen, mit Ausnahme des strittigen Unterhaltvorschusses. Endgültig verabschieden könnten Bundestag und Bundesrat die Grundgesetzänderungen dann im Mai - jeweils mit Zweidrittelmehrheit.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Debatte
:Bayern kann seine Autobahnen nicht mehr selbst bauen

Die Zuständigkeit liegt nach dem Deal zum Länderfinanzausgleich künftig beim Bund. Das kann Bayern viel Geld kosten

Von Lisa Schnell und Wolfgang Wittl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: