Debatte:Bayern kann seine Autobahnen nicht mehr selbst bauen

Autobahn bei Irschenberg, 2014

Autobahnen, Straßen überhaupt, sind für die CSU ein wichtiges Thema. Ausgerechnet da soll künftig der Bund mitreden. Das kann dauern. Und kosten.

(Foto: Claus Schunk)
  • Bayern kann zukünftig die Planung und den Bau von Autobahnen nicht mehr selbst übernehmen.
  • Das liegt dann in der Hand der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft (VIFG) des Bundes. Dieser Deal wurde beim Länderfinanzausgleich ausgehandelt.
  • Der Freistaat könnte so pro Jahr bis zu 200 Millionen Euro weniger bekommen.

Von Lisa Schnell und Wolfgang Wittl

Eine Woche ist es her, dass Ministerpräsident Horst Seehofer sich im Landtag von seiner Fraktion für seinen Verhandlungserfolg beim Länderfinanzausgleich feiern ließ. Immerhin 1,3 Milliarden Euro mehr soll Bayern von 2020 an bekommen. Da konnten selbst Oppositionspolitiker nicht viel kritteln. Jetzt aber haben sie die "Kröte" gefunden, die der Freistaat für seinen Erfolg schlucken musste, wie es Bernhard Pohl (Freie Wähler) nannte.

Die Kröte hat einen komplizierten Namen. Sie heißt Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) und ist in der Verantwortung des Bundes. Die VIFG soll die Planung und den Bau von Autobahnen übernehmen, dafür geben die Länder ihre Hoheit ab. Die Gesellschaft soll zudem privat betrieben werden. Ohne dieses Zugeständnis hätte die Bundesregierung dem neuen Länderfinanzausgleich nicht zugestimmt.

Dass Seehofer damit einen Erfolg erzielt hat, kann Thorsten Glauber (Freie Wähler) nicht sehen. Bis jetzt sei Bayern beim Bau von Autobahnen immer der Gewinner gewesen. "Dieses Gewinnertum opfern Sie", warf er Seehofer vor. Der Freistaat hatte stets davon profitiert, dass er Mittel verbauen konnte, die eigentlich für andere Bundesländer vorgesehen waren, deren Projekte jedoch noch nicht baureif waren.

Jetzt könnte der Freistaat pro Jahr bis zu 200 Millionen Euro weniger bekommen. Die neue Regelung sei für den Landtag "alles andere als ein wirtschaftlicher Erfolg", sagte Glauber. Freie Wähler und Grüne kritisierten zudem, dass die Gesellschaft privat betrieben werden soll. Sie verwiesen auf ein Gutachten des Bundesrechnungshofes von 2013. Es zeige, dass die meisten öffentlich privaten Partnerschaften teurer kämen, als wenn die öffentliche Hand sie gleich selbst finanziert hätte, sagte Markus Ganserer von den Grünen.

Zu seiner Verteidigung trat Ministerpräsident Seehofer selbst ans Rednerpult, um "das Haus" zu unterrichten, "was wirklich geschehen ist". Man könne nur Forderungen an den Bund stellen, wenn auch Anliegen des Bundes erfüllt würden, sagte Seehofer. 1,3 Milliarden Euro für Bayern zu bekommen, ohne auf die Forderungen des Bundes einzugehen, sei "vollkommen ausgeschlossen". "Das eine ist ohne das andere nicht zu haben", sagte Seehofer.

Dass der Ministerpräsident selbst dazu sprach, zeigt, wie wichtig ihm das Thema ist. Auch in seiner CSU-Landtagsfraktion hat die Gründung der Verkehrsinfrastrukturgesellschaft wenig Begeisterung ausgelöst. Straßenbau zählt seit jeher zu den Kernanliegen eines jeden CSU-Abgeordneten. Dass dem Freistaat im Jahr nun bis zu 200 Millionen Euro fehlen könnten, ärgert viele. So wird hinter verschlossenen Türen gesprochen, im Plenum aber klatscht die CSU-Fraktion kräftig in die Hände.

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