Atom-Geschenke:Röttgen - gut gebrüllt und doch gekuscht

Röttgen tat so, als werde es eine Laufzeitverlängerung mit ihm nicht geben. So wollte er CDU-Chef in NRW werden. Nur zugehört hat keiner.

Th. Denkler

Nach dem sonntäglichen Atomgipfel im Kanzleramt hat Umweltminister Norbert Röttgen seinen FDP-Counterpart Rainer Brüderle erst mal zum Wandern eingeladen. Ins Siebengebirge, Röttgens Heimat. Das Wandern wird dem CDU-Mann guttun. Er kann dort lernen, wie schwer es ist, aus dem Tal auf den Gipfel zu kommen.

Röttgen zu AKW-Laufzeiten

Norbert Röttgen wollte sich als Umweltminister profilieren und damit Punkte im Kampf um den Landesvorsitz in Nordrhein-Westfalen sammeln. Nach dem Atomkompromiss geht er eher angeschlagen ins Rennen gegen Armin Laschet.

(Foto: dpa)

Im Moment befindet sich Röttgen eher auf dem Weg ins Tal. Dabei wollte er hoch hinaus. Wollte sich als erfolgreicher und wichtiger Umweltminister profilieren, um seinen CDU-Mitstreitern in Nordrein-Westfalen zu signalisieren: Seht her, hier steht euer neuer Landeschef.

Dem steht aber noch Gegenkandidat Armin Laschet entgegen. Der ist zwar als ehemaliger Integrationsminister von Nordrhein-Westfalen nicht ganz so bekannt im Land wie Röttgen. Aber auch im Moment nicht so erfolglos.

Röttgen hat sich bei den Atomverhandlungen deutlich über den Tisch ziehen lassen. Als Atomfreund vor einem Jahr ins Amt gestartet, konnten ihn seine Ministeriellen offenbar überzeugen, dass die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke doch keine so gute Idee ist. Sie zementiert einen intransparenten Markt, schustert den vier großen Energiekonzernen in Deutschland Milliarden von Zusatzgewinnen zu - und an das Märchen, dass so die Energieversorgung gesichert sei und die Strompreise sinken würden, glauben ja nicht mal jene Gutachter, die im Regierungsauftrag die Laufzeitverlängerung prüfen sollten.

Röttgen hat im Vorfeld des Atomgipfels im Kanzleramt gewarnt: Ob die Laufzeit um vier, um acht oder um zwölf Jahre verlängert werde, sei mit Blick auf die Versorgungssicherheit und die angebliche Brückenfunktion der Atomkraft in ein Zeitalter der erneuerbaren Energien hinein unerheblich. Anders gesagt: Wer zwölf sagt, hätte nach dieser Lesart genau so gut vier sagen können. Sachlich wäre das vertretbar gewesen. Politisch konnte sich Röttgen damit nicht durchsetzen. Acht Jahre Verlängerung, das wäre ihm gerade noch als Erfolg anzurechnen gewesen.

Ordentlich gebrüllt - aber zugehört hat ihm keiner

Jetzt muss er umständlich und erkennbar schwerfällig erklären, warum auch für ihn dieser Kompromiss ein Erfolg sein soll. Andere hätten schließlich bis zu 28 Jahren gefordert. Da liege die Lösung doch eher nahe seinen Vorstellungen. Was er jedoch vergisst: Es ging nicht um ihn oder seine guten Argumente gegen eine allzu ambitionierte Verlängerung.

Es ging einzig und allein darum, die verfassungsrechtlichen Grenzen auszuloten, bis zu der die Regierung annehmen kann, dass die Länder eine Laufzeitverlängerung nicht im Bundesrat blockieren können. Und da liegen zwölf Jahre auch nach Ansicht einiger CDU-Ministerpräsidenten an der obersten Kante dessen, was noch zulässig sein könnte. Wahrscheinlich wird diese Frage das Bundesverfassungsgericht zu klären haben.

Röttgen wirkt dagegen wie einer, der ordentlich gebrüllt hat, dem aber am Ende doch keiner zugehört hat. Für seinen Wunsch, den Landesvorsitz der CDU in Nordrhein-Westfalen zu übernehmen, ist das kein gutes Zeichen. Armin Laschet kann damit punkten, dass er nach dem Verlust der Regierungsmehrheit dauerhaft vor Ort ist. So will er die verunsicherte Partei möglichst geschlossen und zuversichtlich in die nächsten Wahlen führen. Weil in NRW eine rot-grüne Minderheitsregierung am Ruder sitzt, könnte es dazu schnell kommen.

Röttgens Chance dagegen liegt in seiner bundespolitischen Prominenz. Für ihn soll sprechen, dass er als der Kanzlerin Lieblingsminister einen sehr direkten Draht zu Angela Merkel pflegt. Er wäre somit ein Landeschef, der am Kabinettstisch die Interessen seiner Mannen wahren könnte. Um das zu untermauern, hätte er aber einen deutlichen Erfolg aus den Atomverhandlungen davontragen müssen. Ein wichtigere Entscheidung als diese gibt es für ihn in dieser Legislaturperiode nicht zu fällen.

Statt als Held geht Röttgen angeschlagen ins Rennen um den Landesvorsitz

Jetzt aber stellt sich nach und nach heraus, dass der Atomkompromiss letztlich nur einen großen Jackpot-Gewinn für die Atomlobby darstellt. Die Brennelementesteuer etwa - 2,3 Milliarden Euro soll sie pro Jahr in den Bundeshaushalt spülen - ist auf lediglich sechs Jahre begrenzt. Röttgen muss jetzt erklären, dass das etwas mit der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes zu tun habe und die Atomkonzerne dann einen ausreichenden Beitrag zur Konsolidierung der Staatsfinanzen beigetragen hätten.

Das ist so, als würde der Bund die Kfz-Steuer zeitlich befristen, weil die Autofahrer danach genug für die Haushaltssanierung getan hätten. Absurd. Schon deshalb, weil die zusammen knapp 14 Milliarden Euro von den Atomkonzernen kaum ausreichen werden, die Folgekosten der Atomenergie zu finanzieren: Ein Endlager muss noch gefunden und gebaut, das einsturzgefährdete Zwischenlager Asse muss saniert werden. Das im Falle eine größeren Atomunfalls für die Folgeschäden der Steuerzahler haftet, sei nur am Rande erwähnt.

Und obwohl die Stromkonzerne auf Milliarden zusätzlicher Gewinne hoffen können und ihre Kurse an den Börsen steigen, kündigen sie bereits an, wegen der angeblich höheren Kosten durch die Brennelementesteuer die Strompreise heraufsetzen zu müssen.

Wie Norbert Röttgen das alles als Erfolg ausgeben will, ist fraglich. Statt als Held geht Röttgen angeschlagen in das Rennen um den Landesvorsitz in NRW. Der soll seine Machtbasis sein, um noch höher hinauszukommen, vielleicht sogar um eines Tages Kanzler werden zu können. Verliert er den Machtkampf an Rhein und Ruhr, stehen die Chancen nicht schlecht, dass er als ewiges Talent der CDU sein Dasein fristen muss.

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