Report zu Gewalt in Syrien:Amnesty wirft Assad Zerstörungsorgie vor

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Erbarmungslos wüten regimetreue Kämpfer in den umkämpften Regionen Syriens, so berichtet es Amnesty International. Sechs Wochen recherchierten die Menschenrechtler vor Ort - und trafen auf verzweifelte Menschen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) spricht in einem neuen Bericht von einer dramatischen Eskalation der Gewalt in Syrien. Der Report zeige, dass die syrischen Regierungstruppen und regimetreue Milizen für schwere Menschenrechtsverletzungen, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verantwortlich seien, teilte die Organisation in London mit. "Wo ich auch hinging, habe ich verzweifelte Menschen getroffen, die gefragt haben, warum die Welt zuschaue und nichts mache", sagte Donatella Rovera, die kürzlich für Amnesty in Syrien war, um Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen.

Kämpfe in Homs (Foto: AP)

In den vergangenen sechs Wochen hätten Amnesty-Mitarbeiter mehr als 200 Interviews mit Einwohnern in 23 syrischen Orten dokumentiert, teilte die Organisation am Mittwoch mit. "Die Häufigkeit und Brutalität der Regierungs-Repressalien gegen Städte und Dörfer, die die Rebellen unterstützen, hat zugenommen", schreibt AI. "Offensichtlich sollen die Einwohner bestraft und gefügig gemacht werden." Ausmaß und Art und Weise der Angriffe deuteten auf ein geplantes Vorgehen hin.

Amnesty wirft Assads Truppen vor, in von Rebellen kontrollierten Gebieten eine Strategie der verbrannten Erde zu betreiben. Von Morden, Folter und der gezielten Vernichtung der Existenzgrundlage von Dorfbewohnern ist die Rede.

Vieh abgeschlachtet, Ernte verbrannt, Männer erschossen

Das Vorgehen der regimetreuen Kämpfer gleicht demnach einer regelrechten Zerstörungsorgie: Vieh werde abgeschlachtet und die Ernte verbrannt. Männer seien aus ihren Häusern gezerrt und vor den Augen ihrer Familien erschossen worden, heißt es weiter. Ihre Leichen seien verbrannt worden.

Wie zuvor der oberste UN-Friedensschützer Hervé Ladsous und der französische Außenminister Laurent Fabius kommt auch Amnesty zu der Schlussfolgerung, der vor 15 Monaten begonnene Aufstand gegen Präsident Baschar Assad sei inzwischen zu einem Bürgerkrieg eskaliert.

AI erklärt, die Namen von mehr als 10.000 in Kämpfen getöteten Menschen dokumentiert zu haben. Die syrische Regierung äußerte sich zu dem Bericht nicht. Die Vereinten Nationen haben diese Woche syrischen Truppen vorgeworfen, Kinder zu foltern, zu töten und als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.

Deutsche Bischöfe verurteilten die Eskalation der Gewalt in Syrien. Präsident Baschar Assad sei anscheinend in keiner Weise bereit, sich auf Verhandlungen und einen politischen Prozess einzulassen, sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick den Dortmunder Ruhr Nachrichten. Der Auslandsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland, Martin Schindehütte, sagte dem Blatt, es sei besonders bestürzend, dass sich in dem Konflikt in Syrien Gewalt gezielt gegen Kinder richte.

Lawrow lässt Verbalattacke gegen die USA dementieren

Das russische Außenministerium dementierte inzwischen, dass Außenminister Sergej Lawrow bei einer Pressekonferenz in Teheran den USA vorgeworfen zu haben, die syrischen Rebellen zu bewaffnen. Es habe sich um einen Übersetzungsfehler vom Russischen ins Persische gehandelt, erklärte das Ministerium. Laut der vom Ministerium verbreiteten Übersetzung sagte Lawrow tatsächlich, die USA hätten Waffen "an Länder der Region" geliefert.

"Wir liefern nicht nach Syrien oder anderswohin Dinge, die im Kampf gegen friedliche Demonstranten eingesetzt werden können, anders als die USA selbst, die regelmäßig derartige Spezialausrüstung an Länder der Region liefern", sagte Lawrow laut der offiziellen Übersetzung seinem Ministerium. Er betonte demnach, Russland habe an Syrien nur Waffen verkauft, die das Land zur Verteidigung gegen Angriffe von außen benötige.

Zuvor war Lawrow mit den Worten zitiert worden, die USA lieferten "der Opposition Waffen, die in den Kämpfen gegen die syrische Regierung verwendet werden2. Der Sprecher des Weißen Hauses in Washington hatte diesen Vorwurf umgehend zurückgewiesen. US-Außenministerin Hillary Clinton hatte Russland zuvor aufgerufen, ihrem syrischen Verbündeten nicht länger Waffen zu verkaufen, um den blutigen Konflikt im Land nicht weiter anzuheizen.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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