Regierungskrise in Jerusalem:Israels Politiker rechnen mit vorgezogenen Wahlen

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Nach dem Scheitern der großen Koalition in Israel werden wieder Rufe nach Neuwahlen laut. Politiker rechnen mit vorgezogenen Wahlen bis zum Frühjahr. Der Streit über die Wehrpflicht geht indessen weiter.

Nach dem Ausscheiden der Kadima-Partei aus der Regierungskoalition wird in Israel mit Neuwahlen im Frühjahr gerechnet. Man erwarte vorgezogene Wahlen zwischen Februar und April kommenden Jahres, berichten israelische Medien. Das israelische Parlament werde vermutlich nach dem Ende der Sommerpause im Oktober über seine Selbstauflösung abstimmen. Ursprünglich waren Wahlen im Herbst 2013 angesetzt.

Im Streit um die allgemeine Wehrpflicht hatte Kadima am Dienstag das Bündnis mit Likud verlassen. Die Regierungskoalition von Benjamin Netanjahu wird damit deutlich geschwächt, verliert aber nicht die Mehrheit im Parlament. Dank kleinerer Parteien verfügt sie auch ohne Kadima über 66 von 120 Sitzen.

Die bisherige Oppositionsführerin Shelly Jachimowich von der Arbeitspartei rief Netanjahu sogar zu Neuwahlen bereits am 27. November auf. Sie beschrieb das zerbrochene Bündnis zwischen Likud und Kadima als "widerlichen Politzirkus". Ein Antrag ihrer Partei auf Auflösung des Parlaments wurde am Mittwoch von der Knesset jedoch abgelehnt.

25 Abgeordnete der in der politischen Mitte angesiedelten Kadima-Partei stimmten am Dienstagabend für und drei gegen den Austritt aus der Regierung. "Wir gehen hocherhobenen Hauptes in die Opposition, um der Öffentlichkeit zu dienen", sagte Kadima-Chef Schaul Mofas danach vor Journalisten. Zudem griff er den Regierungschef scharf an und beschrieb ihn als "Ultrarechten". Netanjahu habe sich auf die Seite der Drückeberger geschlagen, die keinen Wehrdienst leisten.

Mofas' mit 28 Abgeordneten größte Fraktion im Parlament war erst vor zwei Monaten in die Regierung eingetreten. Hintergrund des Bruchs ist ein heftiger Streit über mehr Gerechtigkeit bei der Wehrpflicht in Israel. Das höchste Gericht hatte im Februar entschieden, die Freistellung tiefreligiöser Juden vom Militärdienst verstoße gegen den Grundsatz der Gleichstellung. Das Gesetz müsse bis August geändert werden.

Die israelische Zeitung Jediot Achronot schrieb am Mittwoch, Netanjahu wolle nun schon kommende Woche einen neuen Gesetzentwurf einbringen. Strengreligiöse Juden sollten demnach verpflichtet werden, bis zum Alter von 22 Jahren ihren Armeedienst zu beginnen oder bis zum Alter von 26 Jahren Zivildienst zu leisten.

Außenminister Avigdor Lieberman von der ultrarechten Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) betonte jedoch, seine Fraktion werde jedes Gesetz ablehnen, das es strengreligiösen Juden ermögliche, später als mit 18 den Wehrdienst zu beginnen.

© Süddeutsche.de/dpa/rela - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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