Regenschirm-Revolution:Chinakritische Aktivisten triumphieren bei der Wahl in Hongkong

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Nathan Law, einstiger Mitanführer der Regenschirm-Proteste von Hongkong, hat einen Parlamentssitz errungen. (Foto: REUTERS)
  • Mit 60 Prozent hat Hongkong die höchste Wahlbeteiligung seit seiner Unabhängigkeit 1997 erreicht.
  • Bei der Wahl konnten sich Kritiker der chinesischen Regierung als dritte politische Kraft etablieren.
  • Ein Neuling im Parlament ist den Hongkongern von den Regenschirm-Protesten im Jahr 2014 bekannt.

Die Studentenproteste in Hongkong vor zwei Jahren zeigen deutliche Nachwirkungen bei den Parlamentswahlen: Nach dem vorläufigen Wahlergebnis haben mindestens drei junge Aktivisten mit kritischer Haltung zu China Sitze im Legislativrat errungen, die Wahlbeteiligung lag auf Rekordniveau.

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Der 23-jährige Nathan Law, der 2014 die als Regenschirm-Revolution bekannt gewordenen Proteste angeführt hatte, hatte im Wahlkampf ein Referendum über die Loslösung Hongkongs von China gefordert. "Die Hongkonger wollen wirklich Veränderung", kommentierte er den Erfolg seiner Partei Demosisto nach der Wahl. Nach der Auszählung von 90 Prozent der Stimmen hatte Law im Wahlkreis Hongkong Island die zweithöchste Zahl der Stimmen auf sich vereinigen können.

"Lokalisten" wollen die Unabhängigkeit Hongkongs von Peking

Das endgültige Wahlergebnis wird im Lauf des Tages erwartet. Verhaltene Vorfreude auf einen Sitz im Parlament zeigten auch die 25-jährige Yau Wai Ching und der 30 Jahre alte Sixtus Leung von der Gruppierung Youngspiration, die sich ebenfalls für eine größere Unabhängigkeit Hongkongs von Peking einsetzt. Um die Debatte um eine Loslösung von der Volksrepublik zu ersticken, waren im Vorfeld etliche Kandidaten mit separatistischem Programm von der Wahl ausgeschlossen worden.

Dennoch hat sich mit den sogenannten "Lokalisten" rund 20 Jahre nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft in Hongkong eine neue demokratische Strömung zwischen der pekingtreuen Regierung und der Opposition etabliert. Die hohe Wahlbeteiligung lässt auf eine hohe Politisierung der Hongkonger Öffentlichkeit schließen: Sie erreichte mit rund 60 Prozent einen neuen Rekord. Einige Wahllokale mussten bis nach 2.30 Uhr Ortszeit geöffnet bleiben, da die Wähler zur Stimmabgabe Schlange standen.

Zu vergeben sind 35 Mandate und fünf "Supersitze"

Der sogenannte Legislativrat von Hongkong hat 70 Sitze. Im bisherigen Parlament besitzen die pekingkritischen Demokraten eine Sperrminorität von einem Drittel. Insgesamt sind bei der Wahl 35 Mandate für die jeweiligen Wahlbezirke zu vergeben, 30 weitere Sitze werden von größtenteils pekingtreuen Handelsorganisationen und Geschäftsleuten besetzt. Über fünf sogenannte "Supersitze" können Wähler im gesamten Stadtgebiet abstimmen.

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