Rechtsextremismus:Verfassungsschutz bekam aus dem Ausland Hinweise auf Neonazi-Netz

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Eine weitere Panne im Zusammenhang mit den NSU-Morden? Einem Zeitungsbericht zufolge wusste der Verfassungsschutz bereits seit Jahren von rechten Terrorzellen in Deutschland - durch Hinweise aus Italien.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat nach einem Bericht der Berliner Zeitung bereits im März 2003 konkrete Hinweise auf ein Netz rechter Terrorzellen in Deutschland erhalten. Das gehe aus einem Schreiben des italienischen Staatsschutzes AISI an das BfV vom 14. Dezember 2011 hervor, schreibt das Blatt.

Hinweise aus Italien: Offenbar hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz bereits seit 2003 Informationen über ein Neonazi-Netzwerk. (Foto: dpa)

In dem Schreiben verweise der italienische Dienst auf eine bereits am 21. März 2003 dem Kölner Bundesamt übermittelte Information. Darin sei es um ein Treffen europäischer Neonazis im belgischen Waasmunster im November 2002 gegangen, auf dem italienische Rechtsextremisten "bei vertraulichen Gesprächen von der Existenz eines Netzwerks militanter europäischer Neonazis erfahren" hätten.

Dieses Netzwerk bilde eine "halb im Untergrund befindliche autonome Basis" und sei in der Lage, "mittels spontan gebildeter Zellen kriminellen Aktivitäten nachzugehen", zitierte die Zeitung aus dem Schreiben. In einem vertraulichen Zusammenhang seien die Namen mehrerer ranghoher deutscher Rechtsextremisten genannt worden.

Deutsche Neonazis mit Verbindungen nach Italien

Aus dem Schreiben geht außerdem hervor, dass deutsche Neonazis insbesondere aus Bayern und Thüringen seit Jahren enge Beziehungen nach Italien pflegen. Der inhaftierte mutmaßliche NSU-Helfer Ralf Wohlleben etwa habe mehrfach an Treffen mit Gruppen wie "Skinhead Tirol Sektion Meran" und "Veneto Fronte Skinheads" in Italien teilgenommen und Geld übergeben "für die Unterstützung von Kameraden, die sich in Schwierigkeiten befinden".

2008 hätten zudem Südtiroler Skinhead-Gruppen dem AISI-Bericht zufolge bei einem Treffen mit deutschen Neonazis aus Bayern und Franken "über die Möglichkeit der Durchführung fremdenfeindlicher 'exemplarischer Aktionen' diskutiert und eine detaillierte Kartenauswertung vorgenommen, um Geschäfte (Kebaps und andere) ausfindig zu machen, die von außereuropäischen Staatsangehörigen geführt werden".

Der rechtsextremen Zelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) werden in Deutschland neun Morde an Migranten sowie an einer Polizistin vorgeworfen. Zuletzt sorgte in dem Fall die V ernichtung von Akten durch den Verfassungsschutz für Empörung.

© Süddeutsche.de/Reuters/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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