Rebellen in Libyen:"Wir brauchen ein Flugverbot"

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Die Aufständischen in Libyen appellieren eindrücklich an die Bundesregierung, die Vorbehalte gegen ein Flugverbot aufzugeben. Andernfalls werde es noch mehr Tote geben.

Tomas Avenarius, Bengasi

Die libysche Rebellenregierung sucht Kontakt zu Berlin. "Ich wünsche mir, dass direkte Gespräche mit Deutschland stattfinden können", sagte Abdel Hafis Ghouga, Sprecher und Vize-Vorsitzender des Nationalrats in Bengasi der Süddeutschen Zeitung. "Wir hatten bisher keinen Kontakt", fügte er hinzu. Nur durch direkte Gespräche könne sich die Bundesregierung ein klares Bild von den politischen Zielen der Aufständischen bilden. Vertreter der Rebellenregierung hätten bisher lediglich mit deutschen Europa-Abgeordneten sprechen können.

"Die Luftwaffe ist unser Hauptproblem": Die Aufständischen in Libyen haben nur veraltete Waffen und vor allem keine wirkungsvolle Flugabwehr. (Foto: REUTERS)

Zugleich betonte Ghouga, dass der sich hinziehende diplomatische Streit um die Verhängung einer Flugverbotszone über Libyen den Aufstand gegen Muammar al-Gaddafi zunehmend gefährde: "Jedes Zögern der Staatengemeinschaft hat negative Folgen. Nicht nur, dass es noch mehr Tote geben wird. Das Zögern gefährdet auch den Erfolg bei der Einführung von Demokratie, Rechtsstaat, Gerechtigkeit und Freiheit in Libyen."

Der Sprecher des provisorischen Nationalrats in Bengasi, der Hochburg der Aufständischen, beklagte zugleich, dass sich Deutschland in der Diskussion um die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen erkennbar zögerlich verhalte. Die Rebellen gerieten im Kampf gegen Gaddafis Truppen immer stärker unter Druck. "Wir brauchen eine Flugverbotszone", sagte Ghouga. "Gaddafis Luftwaffe ist unser Hauptproblem."

Ghouga forderte die Bundesregierung auf, ihre Vorbehalte gegen eine Flugverbotszone aufzugeben: "Dieses Flugverbot ist die einzige Möglichkeit, unsere jungen Leute vor Gaddafis Bombern zu schützen. Deshalb sollten auch die Deutschen eine solche internationale Entscheidung unterstützen." Der Rebellensprecher betonte, bisher gehe keine Initiative von Berlin aus: "Deutschland hat keinen Kontakt zu uns gesucht, auch nicht per Telefon."

Der Aufstand gegen den seit 42 Jahren herrschenden libyschen Machthaber hatte vor knapp einem Monat in den Städten Ostlibyens mit Demonstrationen gegen das Regime begonnen. Gaddafi hatte erfolglos versucht, die Proteste gewaltsam zu unterdrücken. Nach der Befreiung von Bengasi und anderen ostlibyschen Städten waren die Rebellen anfangs ohne größeren Widerstand von der östlichen Landeshälfte aus in Richtung der Hauptstadt Tripolis vorgestoßen. Seit etwa zehn Tagen werden sie von Gaddafi-treuen Einheiten wieder zurückgeworfen. Gaddafis Luftwaffe spielt bei der Rückeroberung der Städte entlang der Küste eine wichtige Rolle.

Teile der Armee des Machthabers sind zwar zu den Rebellen übergelaufen. Die Aufständischen haben aber im Gegensatz zu den Truppen Gaddafis nur veraltete Waffen. Vor allem haben sie keine Flugzeuge und keine wirkungsvolle Flugabwehr. Auch der Aufstand in westlibyschen Städten wie Misrata und Sawija wird vom Regime mit militärischer Gewalt unterdrückt. Sawija wurde vom Militär zurückerobert, Misrata wird belagert. Gaddafi hat die Rebellen öffentlich als "Ratten und Läuse bezeichnet" und ihnen mit der Vernichtung "von Haus zu Haus" gedroht.

Der 31-köpfige Nationalrat in Bengasi besteht sowohl aus Vertretern der Städte in den befreiten Landesteilen des Ostens als auch aus Personen in den westlichen und südlichen Gebieten Libyens, die Gaddafi weiter kontrolliert. Die Namen dieser Ratsmitglieder werden vom Rat aus Sicherheitsgründen geheim gehalten. Der Rat erhebt den Anspruch, die legitime Regierung Gesamt-Libyens mit der Hauptstadt Tripolis zu sein. Er wird von Mustafa Abdul Jalil geführt, einem früheren Justizminister und Kritiker Gaddafis. Sein Vize Ghouga ist ein Rechtsanwalt und Bürgerrechtler aus Bengasi. Als bisher einziger Staat hat Frankreich die libysche Rebellenregierung anerkannt.

© SZ vom 16.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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