Reaktionen auf Massaker in Syrien:Rebellen verlangen entschlossenes Einschreiten der UN

Lesezeit: 3 min

Bei dem Angriff waren mehr als 90 Menschen ums Leben gekommen - darunter viele Kinder. Nach dem Massaker von Hula zeigt sich die internationale Gemeinschaft schockiert. Vertreter der oppositionellen Freien Syrischen Armee fordern ein sofortiges Eingreifen der Vereinten Nationen - und Luftangriffe auf die Assad-Truppen. Unterdessen gibt es Berichte über neue Gefechte zwischen der Armee und Regime-Gegnern.

Ein Massaker an Zivilisten in Syrien mit mehr als 90 Todesopfern hat weltweit Entsetzen ausgelöst und die Rufe nach einem Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad verstärkt. "Die Internationale Gemeinschaft muss mit einer Stimme sprechen und ein Ende des Blutvergießens fordern", schrieb die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in einer in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Gemeinsam müsse Assad zum Abgang gedrängt werden, um eine "demokratische Wende" zu ermöglichen.

Zuvor hatte der französische Außenminister Laurent Fabius die Regierung in Damaskus scharf kritisiert. "Mit diesen neuen Verbrechen treibt das mörderische Regime Syrien noch tiefer in das Entsetzen und gefährdet die Stabilität der Region", hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums.

Frankreichs Außenminister will umgehend Kontakte aufnehmen, um in Paris eine Sitzung der Gruppe der Freunde des syrischen Volkes einzuberufen. Zur Freundesgruppe eines demokratischen Syrien gehören mehr als 60 Staaten und internationale Organisationen. Die Gruppe wurde im Februar dieses Jahres in Tunis gegründet.

UN-Beobachter hatten am Samstag bestätigt, dass bei einem Artillerieangriff der Regimetruppen in der zentralen Provinz Homs 92 Zivilisten getötet wurden. Unter den Opfern seien auch 32 Kinder unter zehn Jahren, teilte UN-Chefbeobachter Robert Mood mit. UN-Untersuchungen hätten ergeben, dass ein Wohnviertel der Stadt mit Artillerie beschossen worden sei.

Der Granaten- und Raketenbeschuss in der Ortschaft al-Hula, der bereits am Freitag erfolgt war, hatte sich nach Augenzeugenberichten gegen einen friedlichen Protestzug gerichtet. Syrische Aktivisten hatten der Regierung von Präsident Baschar al-Assad vorgeworfen, für das Massaker verantwortlich zu sein. Im staatlichen Fernsehen hieß es dagegen, "terroristische Banden" hätten die Menschen getötet. Ein Sprecher des syrischen Außenmimnisteriums sagte am Sonntag, die "heroische syrische Armee" habe mit diesen Taten nichts zu tun.

Westerwelle spricht von "Verbrechen"

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich erschüttert. Es sei "schockierend und empörend, dass das syrische Regime seine brutale Gewalt gegen das eigene Volk nicht einstellt", erklärte er. Die Verantwortlichen für dieses "Verbrechen" müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Westerwelle begrüßte, dass ein UN-Beobachterteam nach Hula gereist sei, um "die grausamen Taten zu dokumentieren".

Der Außenminister verlangte von der Regierung in Damaskus, die Gewalt sofort einzustellen, den Plan des Syrien-Sonderbeauftragten Kofi Annan in vollem Umfang umzusetzen und vorbehaltlos mit den UN-Beobachtern zusammenzuarbeiten.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Annan bezeichneten den Angriff als "schreckliches und brutales Verbrechen", heißt es in einer am UN-Hauptsitz in New York verbreiteten gemeinsamen Erklärung. Dieser "wahllose und unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt" stelle eine klare Verletzung internationalen Rechts dar.

Auch US-Außenministerin Hillary Clinton verurteilte das Massaker scharf. Die USA würden mit der internationalen Gemeinschaft zusammenarbeiten, um den Druck auf den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und "seine Spießgesellen" zu erhöhen. "Deren Herrschaft durch Mord und Angst muss ein Ende haben", forderte Clinton.

Die vor allem aus desertierten Soldaten bestehende Freie Syrische Armee (FSA) will sich unterdessen nach eigenen Angaben nicht länger an den Friedensplan des Syrien-Gesandten Annan halten, wenn die Vereinten Nationen nicht sofort in den Konflikt eingreifen. "Wenn der Sicherheitsrat der Uno jetzt nicht die nötigen Entscheidungen trifft, um Zivilisten zu schützen, wird der Plan zur Hölle gehen", hieß es in einer Erklärung der FSA. Die Rebellentruppe hatte nach dem "Verbrechen von Hula" erneut Luftangriffe auf die Truppen von Präsident Baschar al-Assad gefordert.

Bombenexplosionen in Damaskus

Die FSA hatte dem Friedensplan zugestimmt, der unter anderem einen Waffenstillstand vorsieht. Die Waffenruhe war offiziell am 12. April in Kraft getreten, wurde aber immer wieder gebrochen. Selbst die Anwesenheit von UN-Beobachtern konnte die Gewalt nicht stoppen. Der Plan sieht die Einstellung jeglicher bewaffneter Gewalt aller Seiten, den Rückzug der Regierungstruppen aus den Städten, den Zugang für humanitäre Helfer sowie die Freilassung willkürlich festgenommener Gefangenen vor.

Unterdessen haben syrische Regierungstruppen nach Angaben von Aktivisten am Sonntag mehrere Wohngegenden im Zentrum des Landes unter Beschuss genommen. Davon betroffen seien Teile der Stadt Hama und die von Rebellen gehaltene Ortschaft Rastan, teilten die Örtlichen Koordinationskomitees und das in London ansässige Syrische Observatorium für Menschenrechte mit. Beide Aktivistengruppen meldeten am Sonntag zudem Gefechte zwischen Regierungssoldaten und Rebellen in Hama und Harasta, einem Vorort der Hauptstadt Damaskus. Auch in Midan, einem Bezirk von Damaskus, habe es Kämpfe gegeben.

Bei bei einer Bombenexplosion in Damaskus kamen laut Aktivisten außerdem mehrere Menschen ums Leben. Die Bombe habe ein Sicherheitsfahrzeug im gehobenem Stadtteil Masse erfasst, teilten Oppositionsvertreter mit. Demnach habe sich die Explosion nahe einem Militärflughafen in der Gegend ereignet. Auf einem Video, das von Aktivisten ins Internet gestellt wurde, war offenbar dichter schwarzer Rauch über Masse zu sehen.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/mane - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: