Illegale Autorennen:Zwei Jahre Haft für Straßenrennfahrer

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Dobrindts neuer Gesetzesentwurf sieht schärfere Strafen gegen Raser vor. (Symbolfoto) (Foto: Jörg Carstensen/dpa)
  • Statt 400 Euro Bußgeld, zwei Punkten in Flensburg und einem Monat Fahrverbot drohen Teilnehmern illegaler Rennen künftig Haftstrafen.
  • Eine ähnliche Bundesratsinitiative vom September fordert zudem einen kompletten Entzug des Führerscheins.
  • Auslöser für die Verschärfung ist unter anderem ein aktueller Prozess um zwei Raser in Berlin, bei deren Rennen ein Unbeteiligter ums Leben kam. Sie stehen wegen Mordes vor Gericht.

Von Robert Probst, München/Berlin

Der Kudamm-Raser-Prozess wird aller Voraussicht nach erst im kommenden Jahr entschieden. Doch bereits jetzt hat das Verfahren vor dem Kriminalgericht in Berlin so viel Aufsehen erregt, dass nun zunehmend auch die Politik reagiert. Zwei Männer sind des Mordes angeklagt, weil sie am 1. Februar auf dem Kurfürstendamm ein illegales Autorennen veranstalteten, mit bis zu 160 Kilometer pro Stunde die Einkaufsstraße entlangrasten, mehrere rote Ampeln ignorierten und dann einen Unfall verursachten, bei dem ein Rentner starb.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, den 69-Jährigen, dessen Auto bei dem Rennen gerammt worden war, aus niedrigen Beweggründen mit gemeingefährlichen Mitteln getötet zu haben. Nun soll eine Expertin der Schweizerischen Vereinigung für Verkehrspsychologie einen der Angeklagten begutachten - das wird einige Zeit in Anspruch nehmen. In der Zwischenzeit hat die Politik reagiert. Nach dem Bundesrat plant nun auch Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) härtere Strafen für illegale Autorennen.

Die Rennteilnehmer sind meist junge Männer mit hochmotorisierten Sportautos

Laut einem Gesetzentwurf sollen solche Rennen auf öffentlichen Straßen künftig nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftat geahndet werden, wie ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums am Sonntag auf Anfrage bestätigte. Zuvor hatte die Bild am Sonntag darüber berichtet. Veranstaltern und Rasern sollen demnach künftig Geldstrafen und bis zu zwei Jahre Haft drohen. "Wer sich an illegalen Rennen beteiligt, muss hart bestraft werden", zitiert die Zeitung Bundesverkehrsminister Dobrindt. "Um die abschreckende Wirkung zu erhöhen, verschärfen wir die Strafen." Bisher gibt es in der Regel nur 400 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg und einen Monat Fahrverbot für Teilnehmer illegaler Rennen. Für den Veranstalter eines Rennens wird ein Regelbußgeld von 500 Euro fällig. Zu weiteren Details machte das Ministerium am Sonntag keine Angaben.

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Der Bundesrat hatte bereits Ende September beschlossen, im Bundestag einen Gesetzentwurf einzubringen, der härtere Strafen für illegale Autorennen vorsieht. Danach sollen Rasern bis zu zwei Jahre Haft drohen. Außerdem soll künftig der Führerschein eingezogen werden können, er müsste dann neu gemacht werden. Schließlich könnten bei einer Verurteilung auch die Fahrzeuge für längere Zeit weggenommen werden. Teilnehmer von solchen Rennen, die Unbeteiligte in Gefahr bringen und nur durch Zufall keinen Schaden verursachen, sollen bis zu fünf Jahre in Haft kommen können. Und wenn es zu schweren Verletzungen oder gar Todesfällen komme, sollen Freiheitsstrafen von einem bis zehn Jahre greifen.

Das Parlament muss sich jetzt mit dem Vorstoß der Länder befassen. In mehreren Städten ist es bei illegalen Autorennen zu schweren Unfällen mit Todesopfern gekommen. Der nordrhein-westfälische Justizminister Thomas Kutschaty (SPD), der die Initiative mit Hessen gestartet hatte, sprach damals von einem "lebensgefährlichen Trendsport". Er sagte: "Allein in Nordrhein-Westfalen hat es im vergangenen Jahr 230 angezeigte illegale Autorennen gegeben." Unter den Begriff "illegale Straßenrennen" fallen nach der Bundesratsinitiative sowohl "spontane Beschleunigungsrennen nach einem Ampelstopp" als auch "organisierte überörtliche Rennen, die die Teilnehmer als ,Freizeitbeschäftigung' ansehen".

Illegale Straßenrennen finden meist spontan statt

Nach Einschätzung der Polizei ist die Szene nicht organisiert. Illegale Straßenrennen finden daher meist spontan statt, vor allem in großen Städten. Es sei außerdem davon auszugehen, dass Rennen über Internet-Chats und Messenger-Dienste verabredet werden. Die Rennteilnehmer sind laut Polizei meist Männer unter 30 Jahren mit hochmotorisierten Sportautos aus dem Premium-Preissegment. Die Rennen verliefen entlang festgelegter Etappen und seien oft mit hohen Start- und Preisgeldern verbunden.

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In vielen Städten sind illegale Autorennen ein Problem, immer wieder kommt es zu tödlichen Unfällen. Nun stehen in Berlin erstmals zwei Raser wegen Mordes vor Gericht.

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Der Kudamm-Prozess ist deshalb so spektakulär, weil die Staatsanwaltschaft mit der Mordanklage Härte demonstriert. Die Verteidiger der 27 und 24 Jahre alten Angeklagten haben zum Auftakt im September eine Erklärung verlesen, in der es heißt, dass die beiden die Geschehnisse bedauerten, man aber nicht von Mord sprechen könne. Denn dann sei ja jeder, der im Straßenverkehr einen Unfall verursache, ein potenzieller Mörder. Ein Vertreter der Nebenklage widersprach: "Das waren fahrende Bomben."

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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