Proteste in Russland:Duma verschärft Versammlungsgesetz

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Protestieren wird teuer: Wer in Russland künftig offen seine Meinung sagen will, muss mit drakonischen Strafen rechnen. Denn die Duma hat jetzt ein Gesetz verabschiedet, das Demonstrationen künftig fast unmöglich macht. Schon Kleinigkeiten gelten als Verstoß.

Nach Massenprotesten gegen Manipulationen bei den Wahlen von Parlament und Präsident im Winter hat die russische Staatsduma das Versammlungsgesetz des Landes massiv verschärft. Am Dienstag verabschiedeten die Abgeordneten einen entsprechenden Gesetzentwurf der Regierungspartei Einiges Russland. Nach dem russischen Unterhaus stimmte am Mittwoch auch das Oberhaus des Parlaments für das Gesetz, bei nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung.

Es sieht Höchststrafen von 300.000 Rubel (7100 Euro) oder 200 Stunden gemeinnützige Arbeit für Privatpersonen und bis zu einer Million Rubel (26.000 Euro) für Organisationen vor. Als Verstöße gelten etwa Störungen im Straßenverkehr oder auch das Tragen von Masken. Das durchschnittliche Jahresgehalt in Russland liegt bei etwa 500 Euro.

Vor dem russischen Unterhaus wurden etwa 50 Demonstranten festgenommen, die gegen die Verschärfung protestierten. Auch bei den im Parlament vertretenen Oppositionsparteien stößt das Gesetz auf heftige Kritik. Sie sehen darin einen Verstoß gegen die russische Verfassung. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch teilte in Moskau mit, dass durch das Gesetz freie Demonstrationen im Grunde nicht mehr möglich seien.

Der Russlandkoordinator der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), kritisierte das geplante Gesetz. "Mit der vorliegenden Gesetzesfassung werden Zweifel am Willen der neuen russischen Regierung zur weiteren Demokratisierung genährt", erklärte er. Drastisch erhöhte Geldstrafen und weitere Neuregelungen schränkten das Versammlungsrecht empfindlich ein. Kritik von Opposition und Menschenrechtsaktivisten werde ignoriert, monierte Schockenhoff.

Das geplante neue Gesetz sei "das falsche Signal an die Bürger in Russland". "Statt Meinungsvielfalt und den Wettbewerb der Ideen zu fördern, drohen neue Einschränkungen die wachsende Kluft zwischen Staat und Bürgern zu vergrößern", erklärte Schockenhoff. Damit gefährde "der Staat die Bereitschaft der Bürger, sich für die notwendige umfassende Modernisierung ihres Landes zu engagieren", statt "die Gesellschaft für einen neuen Dialog und Aufbruch zu gewinnen".

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte die Verschärfung am Vortag beim Russland-EU-Gipfel in St. Petersburg verteidigt. Die Opposition solle sich in Parteien organisieren, sagte er. Das Gesetz soll noch vor einer geplanten Großkundgebung der Opposition am 12. Juni in Kraft treten.

© SZ vom 06.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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