Polizeieinsätze bei Risikospielen:Rechnung für die Deutsche Fußball Liga

Polizeieinsatz bei Fußballspielen

Einsatzkräfte der Bundespolizei stehen im Rahmen einer Übung in Niedersachsen zwischen Darstellern verfeindeter Fußballfans.

(Foto: dpa)

Alleingang mit Vorbildfunktion? Das rot-grün regierte Bremen will die Bundesliga als erstes Bundesland an den Kosten für Polizeieinsätze bei Risikospielen beteiligen. Die DFL kündigt an, "alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen" zu wollen - der DFB erwägt, der Hansestadt ein Länderspiel wegzunehmen.

Von Jan Bielicki und Marc Widmann, Bremen

Das Spiel, das am 13. Dezember um 15.30 Uhr im Bremer Weserstadion angepfiffen werden soll, wird ein ziemlich außergewöhnliches sein. Denn wenn am 15. Spieltag der Bundesligasaison der örtliche Fußballklub SV Werder gegen Hannover 96 antritt, geht es um mehr als nur Sieg, Niederlage und Tabellenplatz. Erstmals will sich ein Bundesland den kostspieligen Polizeieinsatz für ein Bundesligaspiel bezahlen lassen. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) werde nach diesem Spiel wohl eine Rechnung erhalten, kündigte Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) am Dienstag an. Der rot-grüne Senat beschloss einstimmig, dafür das Gebührenrecht zu ändern.

Künftig will Bremen bei "gewinnorientierten Großveranstaltungen", bei denen die Polizei "erhebliche gewalttätige Ausschreitungen" erwartet, den Organisatoren die Kosten für den verstärkten Einsatz von Polizisten in Rechnung stellen. Die neue Regel zielt auf Fußballspiele - allerdings nur auf jene, bei denen die Behörden das Gewaltrisiko als hoch einstufen. Die Partie Werder Bremen gegen Hannover 96 gilt bei der Polizei als so ein "Rotspiel", bei denen 700 Beamte oder mehr über die Sicherheit der Stadionbesucher wachen.

Bis zu 1200 Polizisten im Einsatz

Bei einem normalen Bundesligamatch kommen nur 150 bis 180 Beamte zum Einsatz. Alles was über den Aufwand für ein solches "Grünspiel" hinausgeht, soll nach den Bremer Plänen künftig die DFL zahlen. "Die Kosten werden im Einzelfall ermittelt", sagte Mäurer. Der Senat rechnet mit Beträgen von etwa 300 000 Euro für ein Spiel wie Bremen gegen Hannover. Allerdings könnte es auch teurer werden: Zum Nordderby Werder gegen den Hamburger SV sind im März gleich 1200 Polizisten ausgerückt.

Dass der Ligaverband freiwillig zahlt, erwartet Mäurer nicht. "Aufgrund der noch nicht abschließend geklärten Rechtsfragen ist mit einem längeren Rechtsstreit zu rechnen", heißt es in seiner Vorlage für den Senat. In Bremen richtet man sich auf harte Abwehrarbeit der Fußballbranche an, manche fürchten, dass nun eine Wutwelle über das kleinste Bundesland hereinbrechen könnte.

"An öffentliche Sicherheit darf kein Preisschild gehängt werden"

Diese Sorge ist durchaus begründet. Erste Aufwallungen gibt es schon. So kündigte DFL-Präsident und DFB-Vize Reinhard Rauball am Dienstag postwendend an, er werde bei der Präsidiumssitzung des DFB an diesem Freitag den Antrag stellen, fortan keine Länderspiele mehr im Bremer Weserstadion auszutragen. Mehr noch, er will auch beantragen, das bereits nach Bremen vergebene EM-Qualifikationsspiel gegen Gibraltar am 14. November in eine andere Stadt zu verlegen. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach bekundete, er sei da "voll auf einer Linie". Die DFL gab zudem bekannt, sie werde gegen den Bremer Beschluss "alle juristischen Möglichkeiten ausschöpfen". Der Alleingang der Hansestadt sei "mit unseren verfassungsrechtlichen Grundsätzen nicht vereinbar".

Schon Anfang des Monats wandten sich die Präsidenten von DFB, DFL und Deutschem Olympischen Sportbund in einem Protestbrief an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und die Landesinnenminister. Sie forderten: "An öffentliche Sicherheit darf kein Preisschild gehängt werden."

Der kleine Stadtstaat ist hoch verschuldet

Die Bremer treibt indes die nackte Not. Der kleine Stadtstaat mit knapp 650 000 Einwohnern ist schon lange hoch verschuldet. Vor wenigen Tagen verhängte die Finanzsenatorin mal wieder eine Haushaltssperre. Allein in der Saison 2013/14 hat das klamme Land 1,4 Millionen Euro für die Polizeieinsätze bei Bundesliga-Spielen gezahlt. Das ist vor allem den rot-grünen Abgeordneten in der Bürgerschaft zu viel. Sie drängten den Senat bereits im vergangenen Dezember, alle möglichen Schritte zu prüfen, um die Veranstalter an den Kosten zu beteiligen. Ein halbes Jahr lang grübelten Juristen aus mehreren Behörden, nun glauben sie, einen Weg gefunden zu haben.

Die anderen Bundesländer wollen dem Bremer Vorbild derzeit jedoch nicht folgen. "Solange es keine bundeseinheitliche Regelung gibt, steht das nicht zur Diskussion", sagt Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD). Auch in Nordrhein-Westfalen sei "eine Beteiligung der Vereine kein Thema", heißt es aus dem Düsseldorfer Innenministerium. In dem Land mit den meisten Bundesligaklubs verwenden die dortigen Polizei-Hundertschaften inzwischen 30 Prozent ihrer Einsatzzeit auf die Sicherung von Fußballspielen. Bundesweit hat die Gewalt in und um die Stadien zuletzt stark zugenommen, besonders gegen Polizisten. Nach Zahlen der nordrhein-westfälischen Polizei wurden in der Saison 2012/13 bei Gewalttaten rund um Spiele der ersten und zweiten Liga 788 Menschen verletzt. 242 waren Polizisten.

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