Politik kompakt:Al-Qaida prophezeit Obamas Sturz

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Die Terrorgruppe droht dem US-Präsidenten, Köhler unterzeichnet die EU-Begleitgesetze und die Polizei durchsucht NPD-Räume.

Die Terrororganisation al-Qaida hat US-Präsident Barack Obama in einer neuen Videobotschaft den Sturz durch die islamische Welt prophezeit. Im Internet veröffentlichte die Gruppe ein 106-minütiges Video in arabischer Sprache mit dem Titel "Der Westen und der dunkle Tunnel". Al-Qaida-Vize Aiman Al-Zawahiri bestreitet den Großteil des Videos.

Das Video ist Teil einer Serie von Botschaften, die in Folge des achten Jahrestages der Anschläge vom 11. September veröffentlicht wurden. In einer Botschaft bekräftigt Al-Qaida auch seine Drohung gegen Deutschland. In dem Video sagt ein Mitglied: "Sie (die Deutschen) stehen gerade vor neuen Wahlen. Die Gotteskrieger haben sie gewarnt und ihnen die Gelegenheit zur Umkehr gegeben, so wie es unser Bruder Abu Talha, der Deutsche, erklärt hat." In der vergangenen Woche war ein Video des aus Bonn stammenden Abu Talha veröffentlicht worden. Er hatte den Deutschen ein "böses Erwachen" versprochen, falls die Bundeswehr nicht aus Afghanistan abgeziehe.

Köhler unterzeichnet Gesetze zu EU-Vertrag

Bundespräsident Horst Köhler hat die Begleitgesetze zum EU-Reformvertrag von Lissabon ausgefertigt. Damit ist der Weg für die Ratifizierung des Lissabon-Vertrags in Deutschland frei. Wie das Bundespräsidialamt mitteilte, wird das Gesetzeswerk jetzt unverzüglich im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Nach Inkrafttreten der Begleitgesetze könne die Ratifikationsurkunde am Freitag unterzeichnet und hinterlegt werden, erklärte ein Sprecher. Der Vertrag wäre damit für Deutschland ratifiziert. Mit den Gesetzen werden die Mitbestimmungsrechte der Parlamente erweitert.

Polizei beschlagnahmt Entwurf von fremdenfeindlichen Briefen

Bei der Durchsuchung der NPD-Parteizentrale in Berlin haben Kripobeamte die Urschrift von fremdenfeindlichen Briefen an Politiker mit Migrationshintergrund beschlagnahmt. Außerdem nahmen die Ermittler drei PCs und diverse Datenträger mit, wie Generalstaatsanwaltschaft und Polizei mitteilten. Anlass für die Durchsuchung waren Ermittlungen wegen Verdachts der Volksverhetzung. In den Briefen hatte die Berliner NPD mehrere Politiker mit Migrationshintergrund aufgefordert, Deutschland zu verlassen. Das zweiseitige Schreiben war nach Angaben der Staatsanwaltschaft wie eine amtliche "Bekanntmachung" aufgemacht und von einem "Ausländerrückführungsbeauftragten" unterschrieben. Der Brief ging unter anderem per Post an die Privatadresse von türkischstämmigen Bundestagskandidaten. Für das Schreiben zeichnete nach Informationen des Berliner Tagesspiegel demnach Berlins NPD-Chef Jörg Hähnel verantwortlich. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) bezeichnete die Durchsuchungsaktion als "gut für die politische Hygiene".

Netanjahu knüpft Friedensgespräche an Bedingungen

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich zur Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern bereit erklärt. In einem CNN-Interview sagte er, seine Regierung würde sich wieder mit den Palästinensern an den Verhandlungstisch setzen. Voraussetzung sei allerdings, dass die Palästinenser ihre Forderung nach einem sofortigen Baustopp israelischer Siedlungen in Ostjerusalem und im Westjordanland zurückzögen. Einen Nahostfrieden binnen Jahresfrist könne er sich vorstellen, sagte Netanjahu, "solange ein entmilitarisierter Palästinenserstaat Israel als jüdischen Staat anerkennt".

Neuer Saarbrücker Landtag konstituiert

Im Saarland ist der neugewählte Landtag am Mittwoch zu seiner ersten Sitzung zusammen. Als Alterspräsident kam dem Landesvorsitzende der Linken, Rolf Linsler, die Eröffnungsrede zu. Danach stand die Wahl des Landtagspräsidenten auf der Tagesordnung. Alle Fraktionen haben angekündigt, die erneute Kandidatur des CDU-Politikers Hans Ley zu unterstützen. Der 55-jährige Sozialarbeiter gehört seit 1985 dem Landtag an und hat seit 1999 das Präsidentenamt inne.

Erzbischof Zollitsch kritisiert Merkel und Steuerpläne

Wenige Tage vor der Bundestagswahl haben Wirtschaftsexperten und führende Vertreter der katholischen Kirche die Steuersenkungsversprechen von Union und FDP in Zweifel gezogen. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, stellte die Frage nach der Finanzierbarkeit. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, hält vielmehr Steuererhöhungen für unumgänglich.Selten wurde deutlicher, dass der Graben zwischen Union und katholischer Kirche unter der Protestantin Merkel größer geworden ist. Ganz pauschal verteilte Zollitsch an die Parteien Schelte. Er warf ihnen vor, die Menschen nicht offen genug über die Wirtschaftskrise zu informieren, und nannte den aufgehäuften Schuldenberg eine "Versündigung an den späteren Generationen". Konkreter nahm sich Zollitsch Union und FDP und ihr Steuersenkungsversprechen vor: "Es muss auch ein Politiker sich der Wahrheit stellen und muss auch die Wahrheit sagen", sagte Zollitsch auf die Frage, ob das Versprechen von Steuersenkungen angesichts der Kassenlage nicht die Sünde der Lüge darstelle. Zollitsch wärmte auch den fast vergessenen Streit um die antisemitischen Äußerungen des von Papst Benedikt XVI. wieder in die Kirche aufgenommenen Bischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson auf. Merkel hatte während des Streits Anfang des Jahres vom Papst eine Klarstellung zu seiner Haltung zum Holocaust gefordert. Zollitsch ließ sich sogar auf die weltfremd anmutende Frage ein, ob für Katholiken denn eine evangelische Bundeskanzlerin wählbar sei.

London will auf Atom-U-Boot verzichten

In der Debatte um eine Reduzierung des weltweiten Atomwaffen-Arsenals ist Großbritannien zum Verzicht auf eines seiner vier Atom-U-Boote bereit. Bei einem Treffen des UN-Sicherheitsrats will Premierminister Gordon Brown ein entsprechendes Angebot machen. Die U-Boote mit Interkontinentalraketen müssen ohnehin in den kommenden Jahren ausgetauscht werden, hieß es. Zuvor hatte die Regierung schon die Zahl der Atomsprengköpfe von 200 auf 160 reduziert. Brown will vor der UN-Vollversammlung für weitere Abrüstungsgespräche werben.

Iran will Gefangenenaustausch mit Frankreich

Der iranische Staatschef Mahmud Ahmadinedschad strebt offenbar einen Gefangenenaustausch mit Frankreich an. Angesprochen auf die im Iran gefangen gehaltene 24-jährige Clotilde Reiss, sagte Ahmadinedschad im Fernsehsender France 2, in französischen Gefängnissen säßen "seit mehreren Jahren mehrere Iraner" ein. Auch sie hätten eine Familie.

Reiss hatte als Lektorin an einer iranischen Universität gearbeitet und war bei den Protesten gegen Ahmadinedschads umstrittene Wiederwahl im Juli verhaftet worden. Sie durfte steht in der französischen Botschaft unter Hausarrest. Die Zeitung Le Figaro hatte zuvor berichtet, dass Frankreich darüber nachdenke, den zu lebenslanger Haft verurteilten Iraner Ali Wakili Rad an seine Heimat zu überstellen. Er hatte 1991 den früheren iranischen Regierungschef Tschapur Bachtiar ermordet.

Senat lässt umstrittene Kameras abbauen

Nach der scharfen Kritik des Hamburger Datenschutzbeauftragten an der Videoüberwachung in Behörden lässt der Senat strittige Kameras abbauen. Zunächst werde der Einsatz aller Kameras überprüft, erklärte ein Senatssprecher am Mittwoch. "Dort wo die Verhältnismäßigkeit unklar ist, werden diese zunächst entfernt." Justizsenator Till Steffen (GAL) hatte Mitte September eine Gesetzesänderung angekündigt. Zuvor hatte Hamburgs oberster Datenschützer Johannes Caspar kritisiert, dass weite Teile der Videoüberwachung durch staatliche Stellen keine Rechtsgrundlage hätten. In Hamburg gibt es fast 400 öffentlich betriebene Kameras.

Kommunikationssatelliten für Bundeswehr

Die Bundeswehr soll eigene Kommunikationssatelliten bekommen. Am 30. September starte vom Weltraum-Bahnhof Kourou der erste von zwei Kommunikationssatelliten für die Bundeswehr, sagte der Chef der für den Start verantwortlichen EADS-Raumfahrttochter Astrium, Evert Dudok, in München. Er soll von Januar an einsatzbereit sein. Der zweite Satellit startet dann im ersten Quartal 2010. Das Auftragsvolumen inklusive Start und Betrieb bezifferte Dudok auf knapp eine Milliarde Euro. Mit dem Projekt befreit sich die Armee von ihrer jahrelangen Abhängigkeit von kommerziellen Anbietern bei ihren Auslandseinsätzen.

Polens Parlament verurteilt Stalins Einmarsch

Das polnische Parlament hat die sowjetische Invasion in Polen vor 70 Jahren sowie den Mord an polnischen Offizieren in Katyn nun auch in einer offiziellen Note scharf verurteilt. Die Streitkräfte der UdSSR hätten Polen am 17. September 1939 ohne Kriegserklärung überfallen, hieß es in einer per Akklamation verabschiedeten Parlamentserklärung. Die Grundlage für den Einmarsch der Roten Armee habe der Hitler-Stalin-Pakt vom 23. August 1939 geliefert. "Auf diese Weise wurde die vierte Teilung Polens vollzogen. Polen fiel den zwei Totalitarismen, Nationalsozialismus und Kommunismus, zum Opfer", schrieben die Abgeordneten. Eine der Folgen der Aggression sei die Erschießung von mehr als 20.000 Offizieren gewesen. Das Parlament prangerte den Mord als ein "Kriegsverbrechen mit Merkmalen eines Völkermords" an. Das Parlament sprach sich gegen Versuche aus, die Geschichte zu fälschen. Es appellierte zudem an "alle Menschen guten Willens" in Russland, stalinistische Verbrechen aufzudecken und zu verurteilen.

Grüne kritisieren deutsche Haltung zu Iran als naiv

Vor der geplanten Rede von Mahmud Ahmadinedschad vor der UN-Vollversammlung haben die Grünen der Bundesregierung Naivität gegenüber dem iranischen Präsidenten vorgeworfen. "Die EU-Staaten müssen den Raum verlassen, wenn er redet", sagte der in Teheran geborene Grünen-Abgeordnete Omid Nouripour. Geplant ist, dass deutsche Diplomaten den Saal verlassen, wenn der iranische Präsident erneut den Holocaust leugnen oder sich antisemitisch äußern sollte. Das Auswärtige Amt will sich dabei um eine einheitliche Linie der EU bemühen. "Das ist naiv", sagte Nouripour. "Ahmadinedschad eine Schonfrist zu geben, ist absurd und wird der Ungeheuerlichkeit seiner jüngsten Äußerungen nicht gerecht." Ahmadinedschad hatte mit seiner jüngsten Äußerung, der Holocaust sei "eine falsche Behauptung", für Empörung gesorgt. Ahmadinedschad will an diesem Donnerstag vor der UN-Vollversammlung reden.

Niederländischer Pilot soll an "Todesflügen" beteiligt gewesen sein

Ein niederländischer Pilot soll für die argentinische Militärjunta in den siebziger und achtziger Jahren sogenannte Todesflüge ausgeführt haben. Der Verdächtige im Dienst der niederländischen Fluggesellschaft Transavia wurde in der spanischen Stadt Valencia festgenommen, wie ein Außenamtssprecher in Den Haag sagte. Der Mann habe sowohl die niederländische als auch die argentinische Staatsbürgerschaft und sei auf Ersuchen Argentiniens aufgegriffen worden. Eine Transavia-Sprecherin bestätigte die Festnahme am Flughafen von Valencia. Der Pilot sei auf einem Rückflug in die Niederlande als Kapitän eingeteilt gewesen. Während der Militärdiktatur in Argentinien von 1976 bis 1983 verschwanden schätzungsweise 30.000 Menschen spurlos. Zu den Methoden des Verschwindenlassens gehörten auch die sogenannten Todesflüge, bei denen die betäubten Opfer aus Flugzeugen in den Rio de la Plata geworfen wurden.

Ein Toter bei Protesten in Peru gegen Umweltschutz

Bei Arbeiter-Protesten gegen strengere Umweltauflagen an einem der weltweit am stärksten verschmutzten Industriestandorte ist in Peru ein Polizist getötet worden. Der Beamte sei von einem Stein am Kopf getroffen worden, teilten die Behörden mit. Etwa 3000 Arbeiter einer Kupfer- und Zinkschmelze in La Oroya in den peruanischen Hochanden hatten aus Angst um ihre Arbeitsplätze eine wichtige Fernstraße blockiert. Sie fordern, dass die Regierung der seit Monaten geschlossenen Firma Doe Run Peru eine längere Frist für die Erfüllung von Umweltauflagen einräumen soll.

Kirgistans Geheimdienst wirbt für Hinrichtungen

Der Geheimdienst der zentralasiatischen Republik Kirgistan will die Todesstrafe wieder einführen und wirbt für öffentliche Hinrichtungen zur Abschreckung von Kriminellen. Durch diese Maßnahme könne in dem Land an der Grenze zu China rasch Ordnung geschaffen werden, sagte Geheimdienstchef Murat Sutalinow nach Angaben der Agentur Ria Nowosti . Das autoritär regierte Land, in dem der Islam auf dem Vormarsch ist, hatte die Todesstrafe 2007 abgeschafft. Der Sekretär des Sicherheitsrates, Adachan Madumarow, verwies darauf, dass auch die USA Straftäter nicht "lebenslang ernähren". Präsident Kurmanbek Bakijew solle ein entsprechender Vorschlag unterbreitet werden.

BKA-Chef warnt nach Terror-Drohungen vor Panikmache

Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, hat die jüngsten Terror-Drohungen gegen Deutschland als sehr ernstzunehmend bezeichnet, gleichzeitig aber vor Panikmache gewarnt. "Zu Panik besteht kein Anlass", sagte Ziercke in München. Man dürfe sich nicht verrückt machen lassen, müsse aber wachsam sein. Ziercke betonte, die Behörden nähmen die Bedrohung durch islamische Terroristen und die jüngsten Videobotschaften sehr ernst. Deshalb habe man die Sicherheitsmaßnahmen an Bahnhöfen und Flughäfen verschärft. Darüber hinaus könne er im Moment aber nicht erkennen, dass weitere Maßnahmen erforderlich sein könnten, auch nicht nach der Bundestagswahl. Ziercke betonte, eine "konkrete Bedrohungslage" habe man nicht, auch nicht für das Oktoberfest. Al-Qaida hatte seine gegen Deutschland gerichtete Drohung in dem Video noch einmal bekräftigt und auf das vergangene Woche veröffentlichte Video des aus Bonn stammenden mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen Bekkay Harrach Bezug genommen. Harrach sagt in dem Video, Deutschland werde nach der Bundestagswahl am 27. September ein "böses Erwachen" erleben, falls die Bundeswehr nicht aus Afghanistan abgezogen werden sollte.

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