NSU-Prozess in München:Waffen-Narr als Zeuge

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Am 25. Februar 2004 erschossen die NSU-Terroristen am "Mr. Kebab Grill" in Rostock den Verkäufer Yunus Turgut. Nun beginnt im Prozess die Beweisaufnahme zu diesem Mord. Zunächst sagt ein junger Mann aus, der sich gut mit Waffen auskennt.

Aus dem Gericht von Tanjev Schultz

In den Medien liefen die NSU-Morde, als von den Tätern noch keine Spur war, lange Zeit als "Döner-Morde". Das war schon deshalb unangemessen, weil die meisten Opfer nicht mal Dönerbuden-Betreiber waren. Am 25. Februar 2004 allerdings erschossen die Terroristen am "Mr. Kebab Grill" in Rostock den Verkäufer Yunus Turgut. Er war 25 Jahre alt und noch nicht lange in Rostock. Am Donnerstag begann im NSU-Prozess die Beweisaufnahme zu diesem Mord.

Am Vormittag erläuterte ein Kriminalbeamter aber zunächst die Ermittlungen zu zwei Morden in Nürnberg. Am Nachmittag werden ihn vor allem die Nebenkläger vermutlich scharf befragen, um die vielen Verdächtigungen, denen sich die Familien der Opfer ausgesetzt sahen, zur Sprache zu bringen. Doch dann wird erst mal die Aussage eines Zeugen aus Rostock dazwischengeschoben. Der Prozess springt wild hin und her zwischen den verschiedenen Tatkomplexen.

Und so sitzt nun Alexander H. auf dem Zeugenstuhl. Er ist 27 Jahre alt, vor neun Jahren hörte er die Schüsse, die Yunus Turgut töteten. Alexander H. wohnte damals etwa 30 Meter vom Tatort entfernt in einer Wohnung im dritten Stock. Er schlief gerade, als er morgens kurz nach zehn durch die Schüsse aufwachte.

Richter Manfred Götzl: "Wie ging's dann weiter?"

Zeuge: "Ich hab' mir erst mal nichts dabei gedacht, weil es eine Gegend ist, wo so was mal vorkommen kann, auch wenn sich das komisch anhört."

Götzl: "Können Sie die Geräusche näher beschreiben?"

Zeuge: "Es hörte sich von der akustischen Konsistenz wie ein Pistolenschusss an. Es war für mich zu dem Zeitpunkt klar, dass ein Feuerwerksköper auszuschließen war."

Gesehen hat Alexander H. jedoch nichts und niemanden. Er interessierte sich damals sehr für Waffen und hatte viel darüber gelesen - "ich war halt jung". In einer alten Zeugenvernehmung gab er an, es könne bei der Lautstärke der Schüsse kein Schalldämpfer verwendet worden sein.

Die Ermittler gehen jedoch davon aus, dass die NSU-Terroristen sehr wohl eine Waffe mit einem Schalldämpfer einsetzten: jene Pistole des Typs "Ceska 83", die der NSU bei allen neun Morden an Männern mit Wurzeln in der Türkei und Griechenland benutzt haben soll. Und anders als viele Krimis suggerieren, können auch Pistolen, die einen Schaldämpfer haben, Krach machen.

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