NSU-Prozess:"Eine Unverschämtheit" - Zschäpes Verteidiger im Clinch

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Beate Zschäpe (links, von hinten) neben ihren Anwälten Mathias Grasel, Wolfgang Stahl, Anja Sturm und Wolfgang Heer. Nur von Grasel und dem nicht anwesenden Hermann Borchert will Zschäpe noch verteidigt werden. (Foto: Getty Images)
  • Der Streit zwischen den Anwälten der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe geht in die nächste Runde.
  • Die Anwälte Borchert und Grasel wehren sich gegen Vorwürfe der Altverteidiger Heer, Stahl und Sturm.
  • Borchert und Grasel werfen Heer, Stahl und Sturm nun die Verletzung der Schweigepflicht vor.

Von Wiebke Ramm

Nun ist der Streit unter den Verteidigern von Beate Zschäpe offen ausgebrochen. Der Ton wird schärfer. Als "eine Unverschämtheit" bezeichnen die Anwälte Hermann Borchert und Mathias Grasel in einem Schreiben an das Gericht die Vorwürfe der Verteidiger Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm, sie hätten womöglich wahrheitswidrig im Namen Zschäpes gehandelt. Das Schreiben liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Zschäpe hatte am Freitag in einem Brief an Richter Manfred Götzl mehrere Befangenheitsanträge gegen ihn und einen Beisitzenden Richter zurückgenommen, die Heer, Stahl und Sturm in ihrem Namen gestellt hatten. Die mutmaßliche NSU-Terroristin behauptet, diese seien ohne ihr Wissen erfolgt. Heer, Stahl und Sturm widersprachen dem Vorwurf, sie hätten ohne Absprache agiert, am Sonntag in einem Schreiben an das Gericht. Darin stellen sie detailliert dar, wie sie zuvor Rücksprache mit Grasel gehalten haben. Nach ihrer Darstellung lügt entweder Zschäpe, weil sie doch von den Anträgen wusste - oder Grasel hat wahrheitswidrig Zschäpes Zustimmung behauptet.

Borchert und Grasel werfen den drei Verteidigern nun eine Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht vor. Heer, Stahl und Sturm hatten gegenüber dem Gericht die Kommunikation zwischen ihnen und Borchert und Grasel offengelegt. Sie berichteten aus Telefonaten und Gesprächen und zitierten aus einer E-Mail von Grasel. Zschäpe verweigert seit rund eineinhalb Jahren das direkte Gespräch mit ihren drei Altverteidigern. Für Absprachen sind sie daher auf Borchert und Grasel angewiesen.

Zu den inhaltlichen Vorwürfen selbst schreiben Borchert und Grasel dem Gericht, sie dürften sich dazu aufgrund ihrer eigenen Schweigepflicht nicht äußern. Sie tun es an späterer Stelle allerdings doch, indem sie "mit allem Nachdruck" den Vorwurf zurückweisen, sie hätten ihre Verteidigerkollegen "mit der Unwahrheit bedient" oder eine Art Generalvollmacht durch Zschäpe behauptet, die sie gar nicht haben. Hat demnach also Zschäpe in ihrem Brief gelogen, als sie schrieb, sie habe von nichts gewusst? Dazu äußern sich Borchert und Grasel nicht.

Zschäpe will mit den drei Verteidigern nichts mehr zu tun haben

Als Konsequenz aus dem Vorgang haben Heer, Stahl und Sturm schon am Sonntag ihre Abberufung als Pflichtverteidiger beantragt. Und auch Zschäpe will nichts mehr mit den drei Verteidigern zu tun haben. In ihrem Schreiben an Götzl verhängte sie eine Art Arbeitsverbot. "Es sei hier darauf hingewiesen, dass zukünftig ausschließlich von meinen Rechtsanwälten Dr. Borchert und Rechtsanwalt Grasel eingereichte Schriftsätze, Ablehnungsgesuche oder Ähnliches meine Zustimmung haben", schreibt sie.

Die Verteidigung während der Verhandlung übernehmen bislang Heer, Stahl und Sturm, während Borchert zumeist gar nicht anwesend ist und Grasel überwiegend schweigt. Und doch sind es Grasel und Borchert, denen Zschäpe offenbar vertraut. Ob der aktuelle Vorgang daran etwas ändert, wird sich wohl schon an diesem Mittwoch zeigen, wenn der NSU-Prozess fortgesetzt werden soll.

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