Nach Polizeikritik am Sparkurs:Zum Rapport ins Ministerium

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Außenstellen werden geschlossen und selbst für den Sprit wird das Geld knapp: Sparen, sparen, sparen, lautet das Motto bei der Bundespolizei. Doch als deren Präsident sich beschwerte, reagierte das Innenministerium sehr verärgert.

Klaus Ott

Vor einer Woche musste der Präsident der Bundespolizei, Matthias Seeger, dringend ins Bundesinnenministerium kommen. Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, der sich um die Sicherheitsbehörde kümmert, hatte zum Gespräch gebeten. Seeger sei "zum Rapport" bestellt worden, heißt es aus dem Präsidium der Bundespolizei in Potsdam. Fritsche habe Seeger vorgeladen, weil der für seine Behörde 160 Millionen Euro mehr im nächsten Jahr fordert.

Die Bundespolizei beklagt die Folgen des Sparzwangs. Doch auf zusätzliche Mittel kann sie derzeit wohl nicht hoffen. (Foto: Oliver Berg/dpa)

Dass Seeger diese Erhöhung verlangt, hatte Fritsche schon wenige Tage zuvor verärgert. Da hatte der Polizei-Präsident bei einer Gesprächsrunde mit den Finanzexperten des Bundestags erklärt, wo und warum so viel Geld fehle. Der Staatssekretär saß mit am Tisch, und wollte daraufhin noch einmal ein paar Takte mit Seeger reden. Die Aussprache, die ein paar Tage später im Ministerium folgte, soll ziemlich heftig gewesen sein. Fritsche streitet rundweg ab, dass die Bundespolizei mehr Geld brauche. Die Polizei sei ausreichend ausgestattet, die Einsatzfähigkeit sei gewährleistet, erklärt das Innenministerium. Das habe Seeger selbst bestätigt.

Das Ministerium will den Etat seiner Polizei, der 2,4 Milliarden Euro im Jahr beträgt, nur marginal erhöhen. Doch ohne eine Aufstockung kann die Bundespolizei nach Einschätzung von Beschäftigten ihre Aufgaben nicht mehr richtig erfüllen. Seit Monaten schränken die Beamten in den Inspektionen ihre Streifenfahrten in den Grenzgebieten ein, weil nicht genügend Geld für Sprit da ist. Außenstellen der Bundespolizei werden geschlossen. Sparen, sparen, sparen, lautet das Motto. Sogar für die Fußball-Bundesligen, erzählen Beamte, werden weniger Einsatzkräfte abgestellt.

Allerdings nur bei den Spielen, bei denen keine Randale der Fans zu erwarten ist und die als sicher gelten. Fast 100.000 Mal haben Bundespolizisten in der vergangenen Saison beim Fußball Dienst geschoben, etwa in den Bahnhöfen, Zügen und auf den Anfahrtswegen, um Ausschreitungen zu verhindern. Das bedeutet, an jedem Spieltag waren im Schnitt mehr als 2600 Beamte unterwegs; fast immer an den Wochenenden. Und das zusätzlich zu den vielen anderen Aufgaben der Bundespolizei wie den Kontrollen in den Grenzgebieten, an den Häfen und Flughäfen.

41.000 Beschäftigte hat die Behörde. 33.000 davon sind als Ordnungshüter draußen im Einsatz, was teilweise immer schwerer fällt. Die Sparmaßnahmen bei der Bundespolizei bekommt inzwischen auch die Deutsche Bahn (DB) zu spüren, deren eigener Sicherheitsdienst nach Angaben aus DB-Kreisen immer öfter einspringen muss, etwa bei Streifenfahrten entlang der Strecken. Hier tun sich bei der Bundespolizei auch deshalb Lücken auf, weil die Behörde ständig neue Aufgaben erhält, zum Beispiel die Kontrolle der Luftfracht. Da fehlen laut einer Übersicht der Bundespolizei 30 Millionen für Personal und Technik. Kommt kein zusätzliches Geld, muss eben anderswo eingespart werden.

Nach zusätzlichen Mitteln sieht es bei den Beratungen im Bundestag derzeit nicht aus. Die Opposition beklagt zwar, es mangle an einer Strategie für die Bundespolizei. Die Regierung nehme "ausgebrannte Beamte" in Kauf, sagt der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann. Doch die Regierungskoalition denkt nicht daran, den Etat zu erhöhen. Dieser Geldbedarf sei "nicht nachvollziehbar", sagt der FDP-Abgeordnete Florian Toncar. Und das Innenministerium erklärt, Seeger habe die von ihm genannten 160 Millionen Euro dann "selber deutlich relativiert".

© SZ vom 06.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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