Rigider Sparzwang:Bundespolizei geht Geld für Sprit aus

Castortransport, Papstbesuch, Fußballspiele: Die Einsatzliste für die Beamten der Bundespolizei wird immer länger, doch gleichzeitig schrumpft das Budget. Die Polizei ist frustriert, aber die Politik zeigt nur wenig Verständnis. Der Sprit für Noteinsätze mit Blaulicht reicht ja noch.

Klaus Ott

In Rheine an der Ems, unweit der Grenze zu den Niederlanden, werden immer wieder mal Drogenkuriere aus Amsterdam aufgegriffen. Viele von ihnen reisen mit dem Zug ein. Da trifft es sich für die Bundespolizei gut, dass sie im Bahnhof in Rheine über einen Außenposten verfügt, ein 18 Quadratmeter großes Büro.

Rigider Sparzwang: Die Bundespolizei steht unter Sparzwang: Die Aufgabenliste wächst, das Budget schrumpft.

Die Bundespolizei steht unter Sparzwang: Die Aufgabenliste wächst, das Budget schrumpft.

(Foto: AP)

Dort können die Ordnungshüter gleich vieles erledigen: Durchsuchungen, Verhöre, Papierkram. Aber nicht mehr lange. Ende 2011 schließt die Bundespolizei ihre Außenstelle in Rheine, weil sie sich die nicht einmal 5000 Euro Jahresmiete nicht mehr leisten kann. Dann gibt es drei Möglichkeiten: Entweder wird das Auto zum Büro oder die Bundesbeamten finden Unterschlupf bei der Landespolizei - oder sie fahren 50 Kilometer in die eigene Inspektion nach Münster.

Rheine steht für viele Einrichtungen der Behörde. Die Bundespolizei, die Grenzen, Häfen, Bahnhöfe und Flughäfen kontrolliert, muss kräftig sparen. Allein in Nordrhein-Westfalen werden vier Außenposten aufgegeben. In Rostock fällt eine Dienststelle nahe dem Bahnhof weg, wo wegen gewalttätiger Fußballfans besonders viele Einsätze anfallen. Sogar für regelmäßige Streifenfahrten fehlt das Geld. Jetzt ist die Bundespolizei, die sonst um Hilfe gerufen wird, selbst in Not.

Präsident Matthias Seeger rechnete dem Bundestag vergangene Woche vor, dass nächstes Jahr 160 Millionen Euro fehlen. Die Finanzexperten des Parlaments hatten intern über die Lage des früheren Bundesgrenzschutzes beraten, der seit Jahren ständig neue Aufgaben zugewiesen bekommt, bis hin zur Aufbauhilfe in Afghanistan.

Nun soll die Polizei des Bundes auch noch die Luftfracht kontrollieren, um Anschläge zu verhindern. Dafür sind Personal und teure Technik nötig. Der Etat wird aber bei 2,4 Milliarden Euro eingefroren. Im Haushalt 2012 ist nicht einmal ein vollständiger Inflationsausgleich vorgesehen. Damit nicht genug: In diesem Jahr verdonnerte die Bundesregierung Seeger dazu, außerplanmäßig 68 Millionen Euro einzusparen.

Seeger wies die zehn Direktionen von Bad Bramstedt im Norden bis München an, die Kosten zu senken, wo immer es geht. Bis hin zum Benzin. Nun klagen Polizisten aus dem ganzen Bundesgebiet, sie könnten in den Grenzgebieten viele Regionen mit Streifenfahrten nicht mehr abdecken. In den Inspektionen gebe es ein "Kilometerbudget". Teilweise werde sogar ausgerechnet, wie weit man bei welcher Schicht noch fahren dürfe.

Der Verdruss unter den 41.000 Beschäftigten, von denen 33.000 draußen als Polizisten im Einsatz sind, ist groß. "Viele Kollegen sind ausgebrannt", sagt eine Beamtin aus dem Norden über die zahlreichen Sondereinsätze. Fußballspiele, Papst-Besuch, Fußballspiele, Castor-Transport und wieder Fußballspiele. Viele Bundespolizisten werden Wochenende für Wochenende durch ganz Deutschland geschickt. Und nun auch noch die teils kleinlichen Sparvorgaben. Selbst beim Sport, mit dem man sich fit halten solle, werde gespart. Für Fortbildungen gelte das ebenfalls. Im nächsten Jahr, fürchten viele Polizisten, werde mangels Geld "alles noch viel schlimmer".

In der Bundesregierung wird die Lage anders eingeschätzt. Als Polizei-Präsident Seeger den Parlamentariern schilderte, wie viel Geld er wofür brauche, handelte er sich einen Rüffel ein. Staatssekretär Klaus-Dieter Fritsche aus dem Bundesinnenministerium erwiderte, die Polizei sei gut ausgestattet. Für Noteinsätze mit Blaulicht reicht der Sprit immerhin ja noch.

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