Streit um Flüchtlingsquoten:Polen droht der EU mit "politischer Krise"

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Schon länger gibt es zwischen Polen und der EU Differenzen bezüglich der Entwicklung des Rechtsstaates. (Symbolbild) (Foto: dpa)
  • Der polnische Europaminister Konrad Szymański weist Forderungen nach mehr Engagement seines Landes in der Flüchtlingsverteilung zurück.
  • Die von Kanzlerin Angela Merkel angedeuteten Änderungen bei der Verteilung von EU-Geldern bezeichnete er in einem Interview als "Fehler".
  • Auf die mahnenden Worte von EU-Kommissar Günther Oettinger reagiert Szymański skeptisch.

Vor dem Sondergipfel zu den künftigen Aufgaben und Finanzen der Europäischen Union bahnt sich heftiger Streit an. Die polnische Regierung verwahrte sich scharf dagegen, die Verteilung von EU-Geldern mit Bedingungen wie der Aufnahme von Flüchtlingen zu verknüpfen. "Wer immer ein solches politisches Manöver plant, dem kann ich nur sagen: Das wäre ein Fehler", sagte Europaminister Konrad Szymański der Welt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag vorgeschlagen, bei der Verteilung von EU-Geldern auch das Engagement bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu berücksichtigen, ebenso wie die Einhaltung europäischer Werte. Bei ihrem Treffen in Brüssel wollen die EU-Staats- und Regierungschefs erstmals den Haushaltsrahmen für die Jahre ab 2020 erörtern. Die Debatte gilt als besonders schwierig, weil nach dem Brexit Großbritannien als Nettozahler wegfällt. Deshalb fehlen jährlich zwölf bis 14 Milliarden Euro.

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hatte in der Süddeutschen Zeitung Polen und Ungarn gemahnt, Europas Grundwerte zu respektieren. Es könne sein, "dass die 27 Mitgliedstaaten in dem Diskussionsprozess für einen nächsten Haushaltsrahmen sich in die Augen schauen und dann ist klar: Wenn ihr diesen Kurs fortsetzt, dann wird es um Kürzungen bei den Investitionen gehen", sagte Oettinger.

Polen will Umverteilung von Flüchtlingen nicht akzeptieren

Szymański sagte der Welt, Warschau werde alles tun, um einen politischen Konflikt über den mehrjährigen Finanzplan zu vermeiden. "Aber wir erwarten auch, dass unsere Partner auf unsere Vorstellungen eingehen." Er bekräftigte, sein Land werde eine Umverteilung von Flüchtlingen nach Quoten unter keinen Umständen akzeptieren. Sollte dies per Mehrheitsbeschluss durchgesetzt werden, werde dies "zu einer echten politischen Krise mit weit reichenden Folgen für die Einheit der Union führen".

Merkel und die übrigen Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder wollen auch beraten, ob nach der Europawahl im Mai 2019 ein Spitzenkandidat der großen Parteien EU-Kommissionspräsident werden soll. Das Europaparlament ist dafür, die Mehrheit der EU-Länder ist eher skeptisch.

Haushaltskommissar Oettinger plädierte dafür, die EU-Kommission auf längere Sicht zu einer Art Regierung auszubauen. "Ob wir uns jetzt Geschäftsführung oder Regierung nennen: Wir müssen der operative Arm sein mit allen Kompetenzen, die sich daraus ergeben", sagte er. "Wenn wir neben den USA, Russland oder China mitreden wollen, brauchen wir eine europäische Stimme." Die Vereinigten Staaten von Europa seien für ihn kein Unwort.

Am Vorabend des Gipfels trafen sich Merkel und mehrere andere Teilnehmer auf Einladung des belgischen Ministerpräsidenten Charles Michel in Brüssel zu einem Abendessen, bei dem die Finanzfragen ebenfalls auf der Tagesordnung standen.

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