Libyen:Gaddafi droht dem Westen mit Heiligem Krieg

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Während sich die G-8-Staaten auf kein gemeinsames Vorgehen in Libyen einigen können, greift Machhaber Gaddafi weiter seine Landsleute an - und droht, sich mit al-Qaida zu verbünden.

Die internationale Gemeinschaft findet im Umgang mit Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi keine gemeinsame Linie. Beim Treffen der G-8-Außenminister in Paris, einigten sich die Ressortchefs der acht wichtigsten Industriestaaten zwar darauf, dass der politische Druck auf den libyschen Diktator erhöht werden müsse. Die Einrichtung einer Flugverbotszone, die vor allem Frankreich und Großbritannien gefordert hatten, blieb aber strittig. Nun soll sich der Weltsicherheitsrat erneut mit dem Thema befassen.

Die Kämpfe in Libyen gehen weiter, die Aufständischen fürchten ein anhaltendes Blutbad. (Foto: dpa)

Aus französischen Diplomatenkreisen hieß es, Deutschland habe durgesetzt, dass der Vorschlag einer Flugverbotszone nicht in die Abschlusserklärung des zweitägigen Treffens kam. Bundesaußenminister Guido Westerwelle hatte in Paris seine Skepsis gegenüber einem solchen Vorgehen bekräftigt. Er wolle nicht, dass Deutschland dauerhaft in einen Krieg in Nordafrika verwickelt werde. "Deshalb sehe ich nicht, dass Deutschland sich an einer solchen militärischen Intervention beteiligen könnte." Westerwelle fügte hinzu, eine Flugverbotszone sei "nicht das Aufstellen eines Verkehrsschilds". Dabei müsse immer bedacht werden, dass man das Gegenteil von dem erreichen könnte, was man wolle.

Gaddafi wirft Sarkozy Geistesstörung vor

Gaddafi gab derweil ein weiteres merkwürdiges Interview. Der italienischen Zeitung Il Giornale sagte er, seine Regierung führe zwar Krieg gegen das Terrornetzwerk al-Qaida. Aber wenn der Westen sich verhalten sollte wie beim Vorgehen gegen Saddam Hussein im Irak, "denn wird Libyen die internationale Allianz gegen den Terrorismus verlassen". Tripolis werde sich dann mit al-Qaida verbünden und den Heiligen Krieg erklären. Noch vor wenigen Tagen hatte Gaddafi ein Komplott der al-Qaida für den Aufstand in Libyen gegen sein Regime verantwortlich gemacht.

Libyens Machthaber äußerte sich in dem Interview zugleich frustriert über die von ihm abrückenden europäischen Regierungschefs. Vom ehemals engsten politischen Freund in Europa, Italiens Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, fühle er sich betrogen, sagte er. Dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy unterstellte der mit internationalen Sanktionen belegte Machthaber eine geistige Störung. Sarkozy hatte einen nationalen Rat der Rebellen offiziell anerkannt und sich für gezielte Luftangriffe ausgesprochen.

Deutschlands Haltung lobte der Machthaber dagegen ausdrücklich. "Die Deutschen haben uns gegenüber eine sehr gute Position eingenommen, ganz anders als viele wichtige Länder im Westen", sagte er in einem vom TV-Sender RTL am Dienstag verbreiteten Interview. Er traue dem Westen nicht mehr. Als Konsequenz gingen Ölaufträge künftig an Russland, Indien und China: "Der Westen ist zu vergessen." Er könne sich aber vorstellen, dass Deutschland möglicherweise weiter Aufträge bekomme.

Luftangriffe gehen weiter

Derweil haben die Aufständischen in Libyen der Militärmacht von Staatschef Muammar al-Gaddafi immer weniger entgegenzusetzen. Einem Bericht des TV-Senders al-Dschasira zufolge setzten die Truppen Gaddafis ihre Luftangriffe auf Rebellen fort. Die Stadt Adschdabija im Osten des nordafrikanischen Landes sei Ziel von mindestens vier Angriffen gewesen, hieß es. Dabei soll ein Aufständischer getötet worden sein. Augenzeugen und Ärzte berichteten zudem von einem Verletzten. Adschdabija ist die größte Stadt zwischen der Front und der Rebellenhochburg Benghasi und wurde bereits am Montag bombardiert. Nach Angaben von Rebellen kämpften beide Seiten unterdessen auch um die Ölstadt Brega im Osten des Landes. Dabei sei bislang nicht zu erkennen, wer die Oberhand habe, hieß es.

Zugleich gehen die Truppen des Regimes offenbar auch gegen die zuvor von ihnen eingekesselten Städte im Westen des Landes vor. Ein Augenzeuge sagte al-Dschasira, die Aufständischen hätten innerhalb weniger Stunden die Kontrolle über die Kleinstadt Suwara nahe der tunesischen Grenze verloren. Unter Beschuss liegt zudem Misurata, eine andere Stadt im Westen.

Mehrere Rebellenkommandeure hatten am Montag angedeutet, dass sie ein Blutbad befürchten, falls sich die internationale Gemeinschaft nicht zur Einrichtung einer Flugverbotszone durchringen sollte. Ein Amnestie-Angebot der Führung für "reuige" Rebellen, die ihre Waffen abgeben, machte auf die Aufständischen nicht viel Eindruck. Ein Sprecher der Rebellen in Misurata sagte, Gaddafi habe inzwischen so viel Angst vor Verrat in den eigenen Reihen, dass er sich nur noch auf seine Söhne verlasse.

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