Länderfinanzausgleich vor dem Verfassungsgericht:Bayern und Hessen reichen ihre Klage ein

Lesezeit: 2 min

"Akt politischer Notwehr": Hessen und Bayern haben beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Länderfinanzausgleich eingereicht. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin wirft den Landesregierungen vor, mit diesem Schritt Verhandlungen zwischen Geber- und Nehmerländern zu behindern.

Welche Bundesländer haben eingezahlt? Welche Bundesländer haben per Saldo gewonnen? Die Grafik zeigt die Summe der Zahlungen aus dem Länderfinanzausgleich seit 1990. (Foto: SZ-Grafik: Mainka)

Der Länderfinanzausgleich wird nun vom Bundesverfassungsgericht überprüft. Die Geberländer Bayern und Hessen haben in Karlsruhe ihre gemeinsame Klage gegen das Ausgleichssystem eingereicht, wie Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) mitteilte. Gespräche mit den Nehmerländern seien gescheitert - deshalb bleibe nur die Klage. Er sprach von einem "Akt politischer Notwehr".

Bayern und Hessen hatten sich bereits Anfang Februar während einer gemeinsamen Kabinettssitzung zu diesem Schritt entschlossen. Die Landesregierungen in München und Wiesbaden halten das komplizierte Ausgleichssystem für ungerecht und leistungsfeindlich. Im vergangenen Jahr wurden 7,9 Milliarden Euro umverteilt. Davon zahlte Bayern etwa die Hälfte, Hessen zahlte rund 1,3 Milliarden Euro. Baden-Württemberg musste als drittes Geberland 2013 knapp 2,7 Milliarden Euro zahlen, hat sich der Klage aber vorerst nicht angeschlossen.

Schnelle Entscheidung unwahrscheinlich

Bayern will nach den Worten von Finanzminister Markus Söder nicht nur seine Zahlungen an ärmere Länder reduzieren, sondern auch einen Steuerwettbewerb unter den Ländern auslösen. "Wir wollen einen gerechten Länderfinanzausgleich. Außerdem wollen wir, dass künftig die Länder die Höhe bei bestimmten Steuern eigenständig festlegen können", sagte Söder der Bild am Sonntag.

Der Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin wirft den Landesregierungen von Bayern und Hessen vor, mit ihrer Klage gegen den Länderfinanzausgleich Fortschritte am Verhandlungstisch zu verhindern. Sie handelten "aus reinem Wahlkampfkalkül", sagte Trittin der Passauer Neuen Presse.

Auch Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering kritisiert die Klage der beiden Geberländer: "Der Länderfinanzausgleich dient dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland herzustellen. Ich habe kein Verständnis dafür, dass Bayern und Hessen dieses wichtige Ziel infrage stellen".

Eine schnelle Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtshof wird nicht erwartet. Bis zu den Landtagswahlen in beiden Bundesländern im Herbst sei nicht damit zu rechnen, sagte der Mainzer Jura-Professor Hanno Kube der Frankfurter Neuen Presse. Kube hat die Klageschrift verfasst. "Ich rechne mit einer Entscheidung in ein bis zwei Jahren", sagte er. Die Kläger wollten unter anderem zeigen, "wie widersprüchlich der Ausgleich zum Teil geregelt ist". Er solle aber nicht generell infrage gestellt werden, sagte Kube. "Natürlich muss und wird es beim Finanzausgleich bleiben."

Auch bei einem anderen Instrument politischer Solidariät unter der Bundesländern wird es wohl so schnell keine Veränderung geben: Der Solidaritätszuschlag, der den Aufbau Ost finanzieren soll, wird mindestens bis 2019 Bestand haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt eine unter anderem von FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle geforderte rasche Senkung des Solidaritätszuschlages ab. "Sie teilt die Meinung des Bundesfinanzministers", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Ressortchef Wolfgang Schäuble hatte am Wochenende klargestellt, dass der Soli und der Solidarpakt für den Osten bis 2019 gelten. Die Einnahmen des Bundes von jährlich zwölf bis 13 Milliarden Euro sind bereits in der Haushaltsplanung bis 2017 berücksichtigt. In ihrem Wahlprogramm spricht sich die FDP für einen stufenweisen Soli-Ausstieg aus.

© Süddeutsche.de/dpa/afp/anri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: