Krisenland Portugal:Präsident Cavaco Silva zweifelt Sparhaushalt an

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Der umstrittene Sparetat Portugals soll auf Drängen von Präsident Cavaco Silva von den Verfassungsrichtern überprüft werden: Der Ende November vom Parlament verabschiedete Haushalt wecke "berechtigte Zweifel an der Gerechtigkeit bei der Verteilung der Opfer".

Im Ringen um den Haushalt 2013 hat der portugiesische Präsident Anibal Cavaco Silva das Verfassungsgericht des Landes angerufen. Der Gerichtshof solle sich zu der Rechtmäßigkeit von drei Sparmaßnahmen äußern, teilte das Präsidialamt auf seiner Internetseite mit. In seiner Neujahrsansprache hatte der Staatschef am Dienstagabend gesagt, es bestünden Zweifel an einer gerechten Lastenverteilung.

Bei den beanstandeten Maßnahmen handelt es sich unter anderem um die Aussetzung von Urlaubsprämien für Beamte ab einem Gehalt von 1100 Euro sowie geplante Rentenkürzungen. Zudem müsse der Solidaritätsbeitrag, der Ruheständlern ab einer Rente von mehr als 1350 Euro auferlegt werde, überprüft werden.

Am Dienstag hatte der Staatschef gesagt, der Sparhaushalt werde durch Steuererhöhungen und geringere Sozialleistungen zu Einschnitten führen. "Jeder wird betroffen sein, doch einige wird es härter treffen als andere", kritisierte Cavaco Silva. Ungeachtet eigener Zweifel und Oppositionsforderungen, er solle sein Veto einlegen, hatte Cavaco am Wochenende den Etat gebilligt und per Erlass zum 1. Januar in Kraft treten lassen. "Hätte ich das nicht getan, wäre dem Land das wichtigste Instrument der Wirtschaftspolitik entzogen worden", rechtfertigte sich das 73-jährige Staatsoberhaupt.

Mehreinnahmen von 5,3 Milliarden Euro erwartet

Dem Haushaltsplan zufolge sollen 2013 Mehreinnahmen von 5,3 Milliarden Euro erzielt werden, die zu 80 Prozent aus Steuererhöhungen resultieren sollen. Gegen den Sparhaushalt hatte es in den vergangenen Wochen massive Proteste in der Bevölkerung gegeben.

Gemäß Etat werden die Renten in diesem Jahr bis um zehn Prozent und die Ausgaben für Arbeitslosen- und Krankengelder um sechs beziehungsweise fünf Prozent gekürzt. Der Gesundheitssektor soll mit 17 Prozent weniger Geld auskommen. Die Einkommensteuer wird erneut stark erhöht.

Auch die Tabak-, die Immobilien-, die Kfz- und die Mineralölsteuer werden angehoben. Parlamentsabgeordneter Eduardo Cabrita von der oppositionellen Sozialistischen Partei PS hatte bei der Etatdebatte geklagt: "Wo bleibt die soziale Gerechtigkeit, wenn jemand, der 508 Euro brutto im Monat bekommt, plötzlich 28 statt 14 Prozent Einkommenssteuer zahlen muss?"

Die Sparmaßnahmen sind Teil der Vereinbarungen Portugals mit seinen internationalen Geldgebern. Bis Ende 2013 soll das Land sein Haushaltsdefizit auf 4,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) senken. Die Geldgeber hatten Portugal im Mai 2011 mit einem Rettungspaket über 78 Milliarden Euro unterstützt. Im Gegenzug sollte das Haushaltsdefizit bis 2014 schrittweise auf den EU-Grenzwert von drei Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt werden. Die Arbeitslosenquote im ärmsten Land Westeuropas erreichte zuletzt den Rekordwert von rund 16 Prozent.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/mike - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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