Krieg in Syrien:Weißhelme: Mehr als 100 Tote bei Anschlag in Aleppo

Lesezeit: 1 min

Vollkommen zerstörte Autos am Anschlagsort lassen die Wucht der Explosion erahnen, die Dutzende Menschen tötete. (Foto: AP)
  • Bei einem Anschlag auf einen Konvoi mit überwiegend schiitischen Flüchtlingen sind bei Aleppo möglicherweise mehr als 100 Menschen getötet worden.
  • Sie sollten in die von Regierungstruppen kontrollierte Stadt im Norden Syriens gebracht werden und warteten an einem Kontrollpunkt.
  • Regierung und Rebellen geben sich gegenseitig die Schuld an dem Anschlag.

Am Rand der syrischen Großstadt Aleppo sind bei einem Anschlag auf einen Konvoi schiitischer Flüchtlinge Dutzende Menschen getötet und verletzt worden. Regierungsfreundliche Medien berichteten, ein Selbstmordattentäter habe eine Autobombe gezündet.

Über die Zahl der Toten gibt es keine übereinstimmenden Informationen. Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte geht von mindestens 43 Opfern aus, Dutzende weitere wurden demnach teils schwer verletzt. Der als Weißhelme bekannte Syrische Zivilschutz meldete wenige Stunden später hingegen, ihre freiwilligen Helfer hätten mindestens 100 Leichen am Explosionsort geborgen. 55 Verletzte würden betreut. Zu den Opfern sollen Rebellen und Zivilisten zählen.

Unklar war zunächst, wer für die Explosion verantwortlich ist. Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana sprach von einem Anschlag von "Terroristen". Oppositionelle Aktivsten beschuldigten hingegen Anhänger der Regierung, hinter der Bombe zu stecken. Bilder im Internet zeigten ausgebrannte Busse und Autos. Die Busse hatten etwa 5000 Menschen aus von Rebellen belagerten Orten gebracht.

Hintergrund der Evakuierung ist ein Abkommen zwischen Regierung und Rebellen zum Austausch der Bewohner mehrerer Ortschaften. Weil dessen Umsetzung aber ins Stocken geriet, saßen Tausende Menschen an zwei Kontrollstellen in Aleppo fest. Dutzende Busse hatten seit Freitagabend im Gebiet Raschidin am Rande Aleppos gewartet, um überwiegend schiitische Bewohner zweier evakuierter Dörfer in die Stadt zu bringen. Die Menschen hatten ihre von Rebellen kontrollierte Heimatdörfer Fua und Kefraja in der Provinz Idlib verlassen und sollten nach Aleppo gebracht werden, das von Regierungstruppen kontrolliert wird.

Opposition kritisiert Abkommen

Im Gegenzug haben mehrere hundert sunnitische Rebellen mit ihren Familien den Ort Madaja bei Damaskus verlassen, ein von den Truppen des Präsidenten Baschar al-Assad kontrolliertes Gebiet. Sie sollen nach Idlib gebracht werden, wo Rebellen die Vorherrschaft haben, und warteten am Busdepot Ramusah in Aleppo, wenige Kilometer entfernt vom Ort des Anschlags.

Das Abkommen wird in Teilen der Opposition äußerst kritisch gesehen. Es laufe auf eine Zwangsumsiedlung hinaus, die die Feinde Assads von den wichtigsten Städten im Westen Syriens entferne. Außerdem wird befürchtet, dass die Zivilisten nach ihrer Ankunft in Idlib erneut unter Beschuss der Regierungskräfte geraten könnten. Die Regierung erklärte, durch die Umsiedlung könne sie die Kontrolle über die zerstörten Orte bei Damaskus übernehmen und dort die Versorgung wiederherstellen.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa/AFP/mane - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: