Krieg in Libyen:Kussa warnt vor einem "neuen Somalia"

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Erstmals seit seiner Flucht hat sich der frühere libysche Außenminister Mussa Kussa zur Lage seinem Land geäußert. Er warnt vor einem langanhaltenden Bürgerkrieg.

Der ehemalige libysche Außenminister Mussa Kussa hat vor einem Bürgerkrieg in seiner Heimat gewarnt. Kussa sagte in einer ersten öffentlichen Erklärung seit seiner Flucht nach Großbritannien, alle Parteien in Libyen müssten dies verhindern. Andernfalls werde Libyen zu einem neuen Somalia.

Libyens früherer Außenminister Mussa Kussa: Erstmals seit seiner Flucht nach London hat sich der einstige Gaddafi-Vertraute geäußert. (Foto: AFP)

"Die Einheit Libyens ist essentiell für jede Lösung", sagte Kussa im britischen Rundfunk BBC. Libyen dürfe auf keinen Fall gespalten werden - in einen von Machthaber Muammar al-Gaddafi und einen von Rebellen kontrollierten Teil. Eine Lösung müsse durch einen demokratischen Dialog herbeigeführt werden.

Der Ende März überraschend nach London geflohene langjährige enge Vertraute Gaddafis sagte, er habe keinen Kontakt mehr mit der libyschen Führung. Er habe 30 Jahre lang dem Regime gedient, doch nach den jüngsten Entwicklungen habe er nicht mehr weiter machen können, so der frühere Geheimdienstchef. Der Ex-Minister forderte außerdem die Vereinten Nationen auf, das libysche Volk mit Hilfslieferungen zu unterstützen.

Kussa erklärte sich zu einem Statement gegenüber der BBC bereit, nachdem die libyschen Rebellen am Montag einen von der Afrikanischen Union mit Machthaber Muammar al-Gaddafi ausgehandelten Waffenstillstand ausgeschlagen hatten. Die Truppen des Regimes hatten nach dem misslungenen Vermittlungsversuch der Afrikanischen Union die Stadt Misrata bombadiert.

Saif al-Islam: "Brauchen neues Blut"

Für Aufsehen sorgte auch das Interview eines Gaddafi-Sohns beim französischen Sender BFM, in dem er die Idee eines Rücktritts seines Vaters für absurd erklärte. "Wir brauchen neues Blut, das ist, was wir für die Zukunft wollen, doch Gerede über den Rücktritt des Führers ist wahrlich lächerlich", sagte Saif al-Islam.

Sein Vater sei im fortgeschrittenen Alter und wolle nicht alles kontrollieren. Er wünsche sich vielmehr, dass junge Leute die Führung des Landes übernehmen. Saif al-Islam gilt als möglicher Nachfolger seines Vaters.

Libyens Außenministerium drohte unterdessen mit "heftigem Widerstand" im Falle eines ausländischen Einsatzes in der belagerten Küstenstadt Misrata. Der UN-Sicherheitsrat, die Afrikanische Union und die Europäische Union seien informiert, dass "das bewaffnete Volk jeder Annäherung an das libysche Territorium unter dem Mantel einer humanitären Mission mit unerwartetem heftigen Widerstand begegnen wird", berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Jana. Allein die Hilfe des Roten Kreuzes und Roten Halbmonds werde akzeptiert, hieß es weiter.

Frankreich kritisiert die Nato

Während das Regime Drohungen an die Alliierten ausspricht, kommt aus Frankreich scharfe Kritik an der Strategie der Nato in Libyen. Das Bündnis werde seiner Rolle nicht ausreichend gerecht, sagte Außenminister Alain Juppé dem Radiosender France Info. Es werde zu wenig getan, um die schweren Waffen von Machthaber Gaddafi zu zerstören und die Zivilbevölkerung zu schützen.

"Die Nato wollte die militärische Führung der Operationen übernehmen, wir haben das akzeptiert. Sie muss jetzt ihre Rolle spielen", sagte der Minister. Derzeit sei dies "nicht ausreichend" der Fall. Als Beispiel für Handlungsbedarf nannte Juppé die Lage in der libyschen Stadt Misrata, die seit Wochen von Gaddafis Truppen belagert wird.

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