Kredit für Ukraine:Wenn der Höchstbietende verliert

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Obwohl das Angebot der EU höher war, entschied sich Viktor Janukovich für russische Finanzhilfen. (Foto: dpa)

Ukraines Präsident hatte zwei Optionen, als es um die Rettung seines Landes vor dem Bankrott ging: Finanzielle Hilfe aus Russland oder der EU. Janukovich entschied sich für Moskau - obwohl ihm offenbar die EU das bessere Angebot gemacht hatte.

Von Javier Cáceres, Brüssel, und Cathrin Kahlweit, Wien

Hat die Ukraine einen lukrativeren Handel ausgeschlagen, als sie sich auf Russlands Hilfspaket über 15 Milliarden Dollar eingelassen hat? Dies legt ein internes Dokument nahe, das die Süddeutsche Zeitung eingesehen hat. Demnach hätte die Ukraine über einen Zeitraum von sieben Jahren mit einer Summe von 26 Milliarden Dollar (fast 20 Milliarden Euro) rechnen können. "Und das ist noch konservativ gerechnet", sagte ein EU-Beamter am Donnerstag.

Demzufolge habe sich das Angebot aus Kreditbürgschaften und weiteren Darlehen zusammengesetzt; die EU habe zudem zugesagt, für schnellere Auszahlungen durch den Internationalen Währungsfonds (IWF) einzutreten. Der Beamte aus Brüssel unterstrich aber, dass den Ukrainern nie eine konkrete Summe genannt worden sei.

Entsprechende Darstellungen wurden am Donnerstag auch vom Staatschef eines EU-Mitgliedslands bestätigt, der darum bat, nicht namentlich genannt zu werden. Die EU habe bewusst ein konkretes Angebot unterlassen, da man vermeiden wollte, in einen "Bieterwettbewerb" mit Russland gezogen zu werden. Man sei aber überzeugt davon, dass man auf lange Sicht das bessere Angebot vorweisen könne. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), sagte hingegen, die Größenordnung der EU-Offerte sei Präsident Viktor Janukowitsch "schon seit Monaten bekannt" gewesen.

Die drei Forderungen von Janukowitsch

Offenkundig hatte die ukrainische Regierung aber mehr erhofft. Aus dem Kreis der Staats- und Regierungschefs, die sich am Donnerstag zum EU-Gipfel in Brüssel trafen, hieß es, Janukowitsch habe drei Forderungen formuliert, ohne die er das Assoziierungsabkommen nicht unterzeichnen werde: eine bedingungslose Kreditlinie für das Jahr 2014, Gaslieferungen sowie "persönliche Sicherheit". Von anderer Seite hieß es, die ukrainischen Forderungen seien noch sehr viel umfangreicher gewesen. Sie hätten in keiner Relation zu den Zugeständnissen gestanden, die in der Vergangenheit Ländern gemacht worden waren, die nunmehr Mitglieder der EU sind.

Offiziell wird in Brüssel betont, dass die Türen der EU für die Ukraine weiterhin offen seien. In dem Entwurf der Abschlusserklärung des EU-Gipfels hieß es, die EU sei weiterhin bereit, das Assoziierungsabkommen zu unterzeichnen - "sobald die Ukraine bereit ist und die Bedingungen erfüllt".

Russland tut alles, um Einfluss zu gewinnen

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier reiste am Donnerstag nach Warschau, wo er mit seinem Kollegen Radoslaw Sikorski zusammentraf - auch um zu beraten, "wie wir der Ukraine helfen können, ihren europäischen Weg der Reformen fortzusetzen". Aber nicht nur in Warschau und Berlin wird anerkannt, dass der Druck aus Moskau einfach zu groß ist. Russlands Staatschef Wladimir Putin sei "kein Preis zu hoch, um Einfluss zurückzugewinnen", hieß es im Kreis der Staats- und Regierungschefs.

Die Gründe für die Hinwendung zu Russland erklärte Janukowitsch erneut persönlich Donnerstagmittag in einem Fernsehinterview in Kiew. Er war zuvor in Moskau gewesen und hatte mit Putin sowohl einen Kredit über etwa 15 Milliarden Euro als auch niedrigere Gaspreise ausgehandelt. Vor allem der extrem hohe Gaspreis, den die Ukraine bisher an Russland zahlen musste, hatte die ökonomische Krise des Landes verstärkt. Janukowitsch sagte in dem Interview, unter anderem die Rückzahlung alter Kredite an den Internationalen Währungsfonds und der Rückgang des Handels mit Russland hätten das Land belastet. Man habe einen Beobachterstatus in der Eurasischen Wirtschaftsunion beantragt. Allerdings gebe es in den Verträgen mit Russland keine Klausel, die eine Integration in die Europäische Union unmöglich mache.

© SZ vom 20.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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