Inés Arrimadas:Der heimliche Star der Katalonien-Wahl

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Inés Arrimadas, Chefin der Partei "Ciudadanos" in Katalonien. (Foto: REUTERS)

Separatisten nennen Inés Arrimadas eine Verräterin, weil sie keine gebürtige Katalanin ist: Die Chefin der liberalen "Ciudadanos" kontert mit geschliffenen Argumenten. Sie könnte dem spanischen Premier gefährlich werden.

Porträt von Thomas Urban, Barcelona

Sie ist die eigentliche Siegerin der spannenden Wahlnacht in Katalonien, aber ihre Chancen sind gleich Null, an die Spitze der neuen Regierung in Barcelona zu treten: die 36-jährige Inés Arrimadas, der neue Stern am Himmel der spanischen Politik. Noch vor wenigen Wochen war sie außerhalb Kataloniens, wo sie die größte Oppositionspartei führt, kaum bekannt. Eine junge Frau, die bei ihrem Auftreten im Parlament oder im Wahlkampf geschliffen argumentiert und mit Schlagfertigkeit punktet. Die ebenso charmant und liebenswürdig, wie kalt und aggressiv sein kann.

Vor allem hat sie bewiesen, dass sie ein robustes Nervenkostüm hat. Denn als Frontfrau der "Constitucionalistas", der Verteidiger der Verfassung, hat sie sich den Zorn der Verfechter einer Sezession Kataloniens vom Königreich Spanien zugezogen. Das große Unabhängigkeitsprojekt, die Herzensache von wohl drei Millionen Katalanen, nennt sie provozierend "eine grässliche Lachnummer". So wird sie als "Verräterin" angegriffen, ein bekannter katalanischer Comedian nannte sie gar in einem Gedicht "kleine Nutte", ließ dann aber vorsichtshalber den Familiennamen weg und redete sich damit heraus, es gebe ja viele Frauen, die Inés heißen. Die Angesprochene twitterte gelassen, dass solche Beleidigungen sie nicht von ihrem Kurs abbringen können.

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Dieser Kurs lässt sich in zwei Sätzen zusammenfassen: Die Sezession Kataloniens werde der Bevölkerung nichts Gutes, aber viel Schlechtes bringen. Deshalb sei es viel vernünftiger, die schwierigen Beziehungen zwischen Barcelona und Madrid auf eine neue Grundlage zu stellen. In den Augen vieler energischer "Catalanistas", der Unabhängigkeitskämpfer, hat sie einen besonders schlimmen Makel: Sie ist keine Katalanin, also solle sie schweigen. Doch auch hier hat sie ein Gegenargument: Wohl mehr als ein Drittel der Einwohner der wohlhabenden Region sind Immigranten oder Kinder von Immigranten aus anderen Regionen Spaniens, die nicht nur ihren Teil zur Wirtschaftsstärke Kataloniens beigetragen haben, sondern sich auch mit ihr immer mehr identifizieren, mit ihren kulturellen Traditionen und Eigenarten.

Vorgehalten wird ihr auch, dass einer ihrer Onkel einen hohen Posten im Franco-Regime innehatte - unter Franco wurde die katalanische Elite blutig verfolgt. Arrimadas Antwort: Ihr Vater war nach dem Tod Francos in einer Gruppierung aktiv, die gegen die Vertreter des alten Regimes aktiv für demokratische Reformen stritt.

Sie ist die härteste Gegnerin der Separatisten

Geboren wurde sie in der alten andalusischen Hafenstadt Cádiz am Atlantik, aufgewachsen ist sie in Jerez de la Frontera, dem Zentrum der Sherry-Produktion. Dort lernte sie schon in jungen Jahren, sich durchzusetzen. Sie ist nämlich die jüngste in einer kinderreichen Familie, auch war sie Torjägerin in einer Mädchenfußballmannschaft. Zum Jurastudium ging sie in die andalusische Metropole Sevilla.

Doch ihre erste Stelle fand sie nicht im krisengeschüttelten Andalusien, sondern in der Rechtsabteilung eines Ölkonzerns im fast 1000 Kilometer entfernten Barcelona - und sie blieb. Ihre Vorgesetzten schätzten ihre analytische Schärfe, schnell stieg sie zur Managerin auf. Bald engagierte sie sich auch in der Politik, in der in Barcelona gegründeten liberalen Partei, die sich schlicht "Bürger" nennt, "Ciudadanos" auf Spanisch, "Ciutadans" auf Katalanisch. Zwei Hauptziele hat die junge Gruppierung: Kampf gegen Korruption und gegen Nationalismus. Damit sind nicht nur die spanischen Konservativen gemeint, sondern auch Katalanen von links bis rechts, die die Region gegen den Willen eines großen Teils der Bevölkerung zu einem eigenen Staat machen wollen.

Unablässig hat sie vor den Verwerfungen gewarnt, dem wirtschaftlichen Abstieg, der Katalonien droht, falls der Konfrontationskurs weitergeführt wird. Denn die rechtliche Unsicherheit vertreibt nicht nur viele Firmen, sondern verhindert auch Investitionen aus dem Ausland. Ihr rhetorisches Talent brachte sie schnell in die erste Reihe der Ciudadanos. Im Parlament lernte sie ihren Lebensgefährten kennen, er war Catalanista, er stritt für die Unabhängigkeit, sie hielt energisch dagegen. Gewonnen hat sie, er hat sich aus der Politik zurückgezogen. Nun wird sie die härteste Gegnerin der Separatisten sein.

Zwar zieht sie dabei an einem Strang mit den Konservativen des spanischen Premiers Mariano Rajoy. Doch dieser kann sich über ihren Erfolg wenig freuen. Denn die Ciudadanos haben in Katalonien der von Rajoy geführten konservativen Volkspartei (PP) mehr als die Hälfte ihrer Stimmen weggenommen. Nun muss er fürchten, dass dies auch auf Landesebene so kommt. Arrimadas steht nämlich für ein neues Politikverständnis, das den bisherigen etablierten Parteien abgeht: Transparenz und Bürgerfreundlichkeit.

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