Iran:Deutsche Firmen verunsichert

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"Generell wartet man einfach ab, wie sich die Lage entwickelt": Deutsche Firmen reagieren mit Zurückhaltung auf die unübersichtliche Lage in Teheran.

Mit Verunsicherung und Zurückhaltung reagieren deutsche Firmen auf die Gewalt in Iran. "Generell wartet man einfach ab, wie sich die Lage entwickelt", sagte der Mittelost-Experte beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin, Felix Neugart. Manche Geschäftsentscheidungen würden verschoben. Einige deutsche Firmen hätten Mitarbeiter in einen vorgezogenen Sommerurlaub geschickt, weil die Lage in Teheran sehr unübersichtlich sei.

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Laut Neugart ist Iran nach den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien der drittgrößte Handelspartner Deutschlands im Mittleren und Nahen Osten. "Wir schätzen, dass ungefähr hundert deutsche Firmen in Iran vor Ort sind", sagte Neugart. Weitere tausend deutsche Firmen ließen sich zumeist von Iranern in dem Land vertreten. "Deutsche Firmen und Produkte haben im Iran einen sehr guten Ruf", sagte er.

2008 wurden Waren im Wert von knapp vier Milliarden Euro von Deutschland in Iran exportiert. In den ersten drei Monaten 2009 brachen die Exporte um 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein. Dies hänge mit der aktuellen Wirtschaftskrise und Handelserschwernissen zusammen. "Die Finanzierung ist sehr schwierig, weil sich viele Banken aus dem Iran-Geschäft zurückgezogen haben", sagte der Referatsleiter.

Deutschland gehört zu den Staaten, die Iran mit politischen und wirtschaftlichen Anreizen zu einer ausschließlich zivilen Nutzung der Atomkraft bewegen wollen. Vor diesem Hintergrund werden auch immer weniger Hermesbürgschaften - staatliche Versicherungen für Exporte der deutschen Wirtschaft ins Ausland - vergeben. Laut Neugart betrug das Volumen der Neudeckungen 2004 noch weit mehr als zwei Milliarden Euro.

Im vergangenen Jahr waren es dagegen nur etwas mehr als 100 Millionen Euro. "Das ist etwas, was vor allem kleinen Firmen fehlt. Denn sie müssen erst einmal einen Kredit aufnehmen, um zu produzieren, wenn sie einen Auftrag erhalten haben", sagte der Referatsleiter.

Zudem würden zunehmend Ausfuhrgenehmigungen des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) verlangt. Diese seien eigentlich nur für Güter nötig, die sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden könnten. "Mittlerweile gibt es Fälle, bei denen Banken und Zollämter für jedes Gut, das in Iran exportiert werden soll, eine Unbedenklichkeitserklärung der Bafa verlangen", sagte Neugart.

Die Bafa werde daher mit Anträgen überflutet. Schwierige Fälle landeten zudem beim interministeriellen Ausschuss der Bundesregierung. "Manche Firmen warten monatelang auf die Genehmigungen. Das kann im Extremfall zum Geschäftsverlust führen", sagte Neugart. "Wir hoffen auf politische Rahmenbedingungen gibt, in denen sich der Handel mit Iran normalisieren kann", sagte er.

Die von Deutschland verfolgten Handelserschwernisse gingen über die UN-Sanktionen gegen Iran hinaus. "Das birgt natürlich die Gefahren, dass diese Maßnahmen zu einer Marktverschiebung zu Ungunsten der deutschen Wirtschaft führen", sagte Neugart. So hätten China und Russland bei Exporten in Richtung Iran in den vergangenen Jahren deutlich aufgeholt. Wie sich die aktuellen Ereignisse in Teheran auf die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen auswirkten, lasse sich heute noch nicht absehen.

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