Inhaftierte deutsche Reporter in Iran:Lehren und Belehrungen

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Die deutschen Journalisten in Iran müssen freikommen - eine Kampagne dafür ist jedoch gefährlich: Während stille Diplomatie Lösungen bringt, kann die gesammelte deutsche Medienmacht Iran zu nichts zwingen.

Stefan Kornelius

Verleger und Journalistenverbände lassen Iran in Anzeigen wissen, dass "Wahrheitssuche kein Verbrechen" sei und "Pressefreiheit ein Gradmesser für die Freiheit". Das sind hehre Sätze, die zwei in Iran inhaftierten deutschen Journalisten aus dem Gefängnis helfen sollen.

Kein Ergebnis öffentlichen Drucks, sondern stiller Diplomatie: Der inhaftierte Journalist Jens Koch konnte am 28. Dezember seine Mutter in Täbris treffen. (Foto: REUTERS)

Vermutlich werden sie eher zu einer Verhärtung der Lage führen. Der Fall Hellwig und Koch wird durch diese Kampagne nicht leichter zu klären sein, wie überhaupt Kampagnen im Umgang mit autoritären Regimen in der Regel eher das Gegenteil von dem anrichten, was sie bezwecken sollen.

Die beiden Männer sitzen seit dem 10.Oktober in Haft. Sie haben die Grenze Irans ohne Journalisten-Visum überschritten und danach den Sohn der zur Steinigung verurteilen Sakine Mohammadi Aschtiani interviewt. Wer oder was sie zu diesem Interview trieb, ist unklar. Klar ist, dass es sich dabei um eine Dummheit handelte. Iran ist ein Polizeistaat, die Verhaftung der tollkühnen Reporter war zu erwarten.

Nachdem Bundesregierung und Arbeitgeber der Journalisten, der Springer-Verlag, lange auf stille Diplomatie gesetzt haben, wird nun die Öffentlichkeit in spektakulären Aktionen mobilisiert. Das ist gut, denn Teheran muss wissen, dass in Deutschland das Schicksal der beiden Männer genau verfolgt wird. Sie müssen freikommen, weil ihre Haft und ihre Behandlung in keinem Verhältnis zu dem Vergehen stehen.

Die empörte Öffentlichkeit

Aber: Die Empörung der Öffentlichkeit über das Schicksal ist das eine, eine politische Kampagne ist etwas ganz anderes. In stillen Verhandlungen geht es darum, den Fall in seine Einzelteile zu zerlegen, Hafterleichterung, Besuchsrechte, einen schnellen und geräuscharmen Prozess zu erwirken. Üblicherweise führt das zum Erfolg, weil in der Stille niemand sein Gesicht verliert, weil politische Trittbrettfahrer - von denen es in Iran genug gibt - den Fall nicht für ihre Zwecke missbrauchen können, und weil die Politik keine Schautänze vor der empörten Öffentlichkeit aufführen muss.

Diese empörte Öffentlichkeit hat sich nun aber zu Wort gemeldet - in Deutschland, nicht in Iran. In den Blättern des Springer-Verlags und in den Anzeigen der Medienverbände wird der Fall zu einem Test für die Pressefreiheit stilisiert. Die Inhaftierten sind demnach so etwas wie Opfer der iranischen Zensur.

Diese Lesart ist gefährlich, in Iran wird sich der Eindruck breitmachen, dass die beiden nun als Vorwand für eine politische Belehrung dienen. Statt den Fall zu verschlanken, blähen ihn die Verbände auf und überfrachten ihn mit einer neuen Agenda. Das kann schiefgehen.

Irgendwann wird sich der Springer-Aufsichtsrat bei Iran entschuldigen müssen - wenn er es nicht schon längst getan hat. Die Entschuldigung gilt einer Visums-Verletzung - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Selbst die gesammelte deutsche Medienmacht ist nicht stark genug, um Iran jetzt und hier zu Demokratie und Pressefreiheit zu zwingen.

© SZ vom 10.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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