Historische Wahl in Myanmar:Suu Kyi gewinnt Parlamentssitz

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Wahlparty in Myanmar: Unter dem Jubel von Hunderttausenden ist die Freiheitsikone Aung San Suu Kyi bei den Nachwahlen zum Parlament angetreten. Die Menschen träumen von einem Entwicklungsruck in ihrem Heimatland, das jahrzehntelang vom Militär drangsaliert wurde.

Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Demokratisierung: In Volksfeststimmung haben am Sonntag in Myanmar Millionen Menschen an den Nachwahlen zum Parlament teilgenommen. Es ging zwar nur um 45 der insgesamt 1160 Sitze in mehreren Parlamentskammern. Doch der Symbolwert des Wahlgangs ist immens: Erstmals durfte sich Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi persönlich den Wählern stellen. "Sie wird mehr als 80 Prozent der Stimmen bekommen", sagte der Wahlleiter in ihrem Wahlkreis Kawhmu, Thein Oo, voraus.

Anhänger der Oppositonspartei NLD jubeln vor der Parteizentrale in Rangun über erste Ergebnisse bei der Nachwahl für das Parlament in Myanmar. (Foto: dpa)

Suu Kyi war über Jahrzehnte mit ihrem friedlichen Widerstand gegen die Militärherrschaft der einzige Lichtschimmer im Leben der 60 Millionen Einwohner. Sie wurde im November 2010 nach mehr als 15 Jahren aus ihrem Hausarrest entlassen. Die Wahllokale schlossen um 11.30 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit.

Das Ergebnis soll erst in einigen Tagen vorliegen. Einzelne Wahlkreise wollen ihre Auszählung möglicherweise vorher bekanntgeben. Insgesamt waren 6,8 Millionen Menschen zur Stimmabgabe aufgerufen. Bei den 45 Mandaten geht es um 37 Sitze im Unterhaus, sechs im Oberhaus und zwei in Regionalversammlungen. Die Posten der Volksvertreter waren vakant geworden, weil die Abgeordneten Regierungsämter übernahmen und nicht gleichzeitig im Parlament sitzen dürfen.

In Rangun staute sich schon in den frühen Morgenstunden der Verkehr, weil die Menschen zu den Wahllokalen strömten.

2010 war das Bild ein anderes. Bei den von der damals noch regierenden Junta organisierten Wahlen herrschte in vielen Wahllokalen gähnende Leere. Suu Kyis Partei, die Nationalliga für Demokratie (NLD), trat damals nicht an, und Wähler berichteten später über massiven Druck, für die Militärpartei USDP zu stimmen.

Ex-Generäle in Schlüsselpositionen

Suu Kyi (66) erschien am Morgen in Kawhmu in roter Bluse und wie immer mit Orchideen im Haar an einem der Wahllokale. Sie lachte und winkte den Wählern zu. "Ich bin so glücklich", sagte Aung Kyi (86), ein pensionierter Lehrer und Anhänger Suu Kyis, der nach eigenen Angaben das erste Mal in seinem Leben wählte. Er war mit einer Fahrradrikscha im Ranguner Ortsteil Mingalar vorgefahren.

"Mit Suu Kyi im Parlament hat Myanmar eine Zukunft", meinte Than Htike, ein anderer Wähler. "Ich will, dass die NLD gewinnt, damit sich unser Land entwickelt", sagte die Lehrerin Hdin Nwet (56), die sich nach einem Schlaganfall zum Wahllokal in Kawhmu tragen lassen musste.

Vor genau einem Jahr war nach fast 50 Jahren Militärherrschaft die erste nominell zivile Regierung in Myanmar angetreten. Die Junta sorgte aber für bleibenden Einfluss des Militärs: Die Schlüsselpositionen bekleiden Ex-Generäle. Das Militär und die von der Junta gegründete Partei USDP kontrollieren 80 Prozent der Parlamentssitze. Selbst bei bestem Abschneiden bei den jetzigen Nachwahlen bleibt die NLD eine verschwindend kleine Opposition.

Dennoch setzt das Volk große Hoffnung in sie. Die neue Regierung hat selbst Skeptiker mit ihrem Reformeifer überrascht. Sie ließ hunderte politische Gefangene frei und begann die Aussöhnung mit den ethnischen Minderheiten.

Opposition bemängelt Unregelmäßigkeiten

Die westlichen Länder haben eine Lockerung der Wirtschaftssanktionen in Aussicht gestellt, wenn die Nachwahlen als fair und frei beurteilt werden. Suu Kyi prangerte zwar zahlreiche Unregelmäßigkeiten an, bekräftigte aber dennoch ihren Kooperationswillen mit der Regierung.

Auch aus ihrer Partei NLD kamen Klagen über Unregelmäßigkeiten. Aus dem gesamten Land seien Beschwerden über die Manipulation von Stimmzetteln eingegangen, sagte der NLD-Sprecher Nyan Win. Das Feld für die NLD sei mit Wachs präpariert worden, so dass sich ein Kreuz dort nachträglich leicht entfernen lasse. "Wenn es so weitergeht, kann dies das Ansehen der Wahl beschädigen", sagt Nyan Win.

Präsident Thein Sein hatte mehrere Wahlbeobachter zugelassen, unter anderem aus der EU, den USA und Australien. "Wir sind optimistisch, dass diese Wahlen fair ablaufen", sagte Australiens Außenminister Bob Carr. "Wenn die Wahlen akzeptabel verlaufen und dies sowohl die unabhängigen Beobachter als auch Oppositionsparteien wie die von Aung San Suu Kyi bestätigen, ist Australien bereit, die Sanktionen abzubauen."

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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