Hilfen für Krisenland Zypern:Schäuble verunsichert mit gewagter Taktik

Finanzminister Schäuble verweigerte sich bis nach der Wahl in Zypern, ein klares Statement zu einem möglichen Rettungspaket für das Krisenland abzugeben. Sein Vorgehen mag zwar strategisch gut gewesen sein, macht aber auch viele Menschen misstrauisch - und lässt sie um ihr Erspartes fürchten.

Ein Kommentar von Claus Hulverscheidt, Berlin

Wolfgang Schäuble gilt gemeinhin als schlauer Fuchs und gewiefter Stratege. Man darf daher annehmen, dass es klug war, den Problemfall Zypern so zu behandeln, wie er ihn behandelt hat: Bis zum Tag, an dem die Zyprioten tatsächlich Angela Merkels Reformhoffnung Nikos Anastasiadis ins Amt des Staatspräsidenten wählten, hielt der Bundesfinanzminister die Chimäre am Leben, dass sich Deutschland einem Rettungspaket für den Inselstaat am Ende verweigern könnte - wohl wissend, dass ein solcher Alleingang in der Praxis kaum möglich gewesen wäre.

Wenn man so will, gibt Anastasiadis' Wahlerfolg Schäuble nun recht. Auf der anderen Seite müssen die Kanzlerin und ihr Finanzminister wieder einmal einer erstaunten Öffentlichkeit erklären, warum sie trotz der Bedenken, die gerade Schäuble in den vergangenen Wochen massiv geäußert hatte, der Zypern-Hilfe am Ende wohl doch zustimmen werden.

Es ist dieser Spagat, der viele Menschen nunmehr seit Jahren misstrauisch macht und um ihr sauer Erspartes fürchten lässt: zwischen einem angedeuteten Nein auf der einen Seite, das aus strategischer Sicht und für den Erhalt des Reformdrucks notwendig sein mag, und dem letztlich dann doch folgenden Ja, das einer gesamtpolitischen Würdigung der Dinge entspringt. Allzu oft werden Merkel und Schäuble den Bundesbürgern diesen Spagat nicht mehr zumuten können.

© SZ vom 26.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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