Hans-Böckler-Stiftung:Zuwanderer machen deutsche Bevölkerung nicht ärmer

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"Wir kamen zu Studium und Arbeit, nicht zum Essen und Schlafen" steht auf dem Plakat, mit dem eine geflüchtete Frau 2015 vor eine Flüchtlingsunterkunft Hamburg protestierte (Archivbild). (Foto: dpa)
  • Die Hans-Böckler-Stiftung hat eine Studie vorgelegt, die einen Zusammenhang zwischen dem Flüchtlingszuzug und der Armut der übrigen Bevölkerung widerlegt.
  • Die Ergebnisse zeigen: Menschen mit Migrationshintergrund sind besonders stark von Armut bedroht, während das Risiko bei Menschen ohne Migrationshintergrund gleich geblieben ist.

Das Armutsrisiko in Deutschland ist auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung - daran schuld sind aber keineswegs Geflüchtete oder Menschen mit Migrationshintergrund, zeigt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung, die an diesem Mittwoch veröffentlicht wurde.

Vielmehr ist diese Bevölkerungsgruppe den Ergebnissen nach besonders stark von Armut bedroht. Das Risiko für Deutsche ohne Migrationshintergrund ist hingegen unverändert geblieben. Als armutsgefährdet gelten in der Bundesrepublik Menschen, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland beträgt.

Zuwanderer trifft das Armutsrisiko besonders schwer

"Die Daten widersprechen der Vorstellung, dass die Einwanderung zu einer Verarmung der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund beitragen würde", sagte Eric Seils vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut der gewerkschaftsnahen Stiftung.

Den Zahlen nach stieg die Armutsquote für die Gesamtbevölkerung zwischen 2014 und 2015 zwar um 0,3 Punkte auf 15,7 Prozent. Differenziert nach dem Hintergrund zeigten sich jedoch klare Unterschiede: Bei der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund liege sie konstant bei 12,5 Prozent, während sie bei Zugewanderten wesentlich höher sei. 42 Prozent der Menschen, die vor weniger als fünf Jahren eingewandert sind, leben demnach unter der Armutsgrenze. Von den Menschen, die zwischen fünf und zehn Jahre lang in Deutschland leben, war es etwa ein Drittel.

Mit zunehmender Aufenthaltsdauer sinkt das Armutsrisiko

Extrem hoch sind die von der Studie errechneten Werte für Geflüchtete, die während der jüngsten Einwanderungswelle nach Deutschland gekommen sind: Mehr als drei von vier syrischen Flüchtlingen und zwei Drittel der Iraker waren demnach von Armut bedroht. Ähnlich hohe Zahlen ermittelte die Stiftung für Menschen aus Pakistan und Afghanistan.

"Da sie meist ein sehr niedriges Einkommen haben, schlägt sich das nun in der Armutsquote nieder", erklärte Seils. Ein Vergleich mit vorangegangenen Einwanderergruppen lege nahe, dass das Armutsrisiko mit zunehmender Aufenthaltsdauer sinke. Es komme darauf an, die Einwanderer möglichst schnell beruflich zu qualifizieren, damit sie ihren Unterhalt aus eigener Kraft bestreiten könnten.

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