Guttenbergs Dissertation: User-Reaktionen:"Falsche Doktorarbeiten, falsche Politiker"

Lesezeit: 5 min

Die Nutzer von sueddeutsche.de debattieren heftig über die Plagiatsvorwürfe gegen Verteidigungsminister Guttenberg: Doktortitel aberkennen, fordern die einen. Andere vermuten eine gezielte Kampagne.

Reaktionen

Der Plagiatsvorwurf, den der Juraprofessor Andreas Fischer-Lescano gegen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erhebt, spaltet die sueddeutsche.de -Leserschaft: Doktortitel aberkennen, fordern die einen. Alles nicht so schlimm, sagen andere, nicht korrekt ausgewiesene Stellen fänden sich auch in anderen wissenschaftlichen Arbeiten. Wieder andere vermuten eine gezielte Kampagne gegen den CSU-Politiker hinter den Vorwürfen. Eines aber steht fest: Selten hat ein Thema in so kurzer Zeit eine solch hitzige Debatte unter den Nutzern ausgelöst.

Guttenbergs Dissertation
:Originale und Doktorarbeit im Vergleich

Der Minister in der Verteidigung: Guttenberg weist den Vorwurf zurück, seine Doktorarbeit sei ein Plagiat. SZ und sueddeutsche.de dokumentieren die fraglichen Stellen - auch die Einleitung - und stellen die Originale daneben.

der.formfehler schreibt:

"Es geht um Glaubwürdigkeit. Mich würde interessieren, wie der Aufschrei hier gewesen wäre, wenn 'Basta-Gerd' ein solches Lügengebäude aufgebaut hätte. Und alle, die jetzt schreiend von ihrem bayerischen Stammtisch davonlaufen, weil ein 'linker' Professor aus Bremen, eine dem Staate verpflichtete öffentliche Person überprüft und offenkundig macht. Diesen Umstand der Überprüfung in der freien und zivilisierten Welt nennt man Opposition. Diese und die Medien haben die Aufgabe, kontrollierend zu wirken. Okay. Der gemeine 'Freistaatler' kennt diesen Umstand nicht, aber man sollte sich mal damit beschäftigen. Oder ist München ein Vorort von Kairo?"

Nachdenkliche schreibt:

"(...) Nur weil KTG bei der CSU ist, muss er ja nun nicht unantastbar sein, da gerade bei ihm einiges ausgesprochen nebulös ist, und man sich fragen muss, wie seine 'juristische Karriere' überhaupt zustande kam - nach und nach kommt eben einiges ans Tageslicht. So ist das, wenn man in der Öffentlichkeit steht und mediensüchtig ist! Und zum Beruf des Journalisten gehört eben auch, Unregelmäßigkeiten aufzudecken!"

EFDräcker schreibt:

"Die Länge der gesamten Arbeit (> 400 Seiten) weist im Vergleich zur Länge der Zitate eher darauf hin, dass G. die Arbeit selbst geschrieben und diese Zitate zu kennzeichnen vergessen hat. Das kommt vor, ist nicht schön, aber auch kein Verbrechen. Absichtlich insgesamt 2 Seiten Text zu kopieren und die Zitate zu unterschlagen um die Arbeit aufzuwerten, macht bei einer Arbeit dieses Umfanges ja wirklich keinen Sinn."

Kasimirv schreibt:

"Zu bluffen hat doch höchsten Stellenwert in unserem Wertekanon. Die besten Bluffer sind am weitesten vorne. Schön finde ich das nicht, ich kann darauf verzichten. Aber ich fürchte, es ist nicht zu leugnen."

johandy99 schreibt:

"Armes Deutschland, arme SZ. Ist das ein so wichtiges Thema, dass man es gleich prominent an erster Stelle platzieren muss? In einer Doktorarbeit finden sich nicht korrekt zitierte Stellen? (...) Mal generell, ich bitte Sie: Prüfen Sie stichprobenartig Doktorarbeiten an irgendwelchen Fakultäten, speziell an qualitativen wie Jura oder Wirtschaftswissenschaften, und Sie werden solche Stellen in sehr vielen Arbeiten finden. (...) Und zum speziellen Fall: Findet sich so etwas in der Arbeit von unserem Verteidigungsminister, ja und? Ich bin mir sicher, er hat auch bereits mal falsch geparkt oder seinen Bürgersteig nicht rechtzeitig räumen lassen. (...) Warum kommt dies gerade jetzt hoch, wo Herr zu Guttenberg in die Kritik kommt? Schon merkwürdig. Schöne Grüße, ein Dr. oec. publ., der sicherlich auch ein falsches Zitat in seiner Arbeit versteckt hält :-)"

johandy99 schreibt etwas später:

"Ich revidiere alles ...Heute morgen fand ich die Argumentation noch zu extrem. Mittlerweile, nach Betrachtung der Textstellen, muss ich meine Meinung revidieren. Wer so dumm abschreibt, hat ein paar Prügel verdient. Selbst in der (inhaltlich nicht wichtigen) Einleitung wurde aus einem FAZ-Artikel großteils wörtlich kopiert, und nur einige Satzstellungen wurden pro forma verändert. Das grenzt schon an grobe Dummheit!!"

DarksAngel89 schreibt:

"Medienrummel oder gerechtfertigte Kritik? Erst Kundus, nun auch noch das. Die Frage, die man sich nun stellen sollte, ist: Ist es doch einfach ein wenig aufgepuscht durch die Medien (da der Herr zu Guttenberg in letzter Zeit zum Zentrum der Presse geraten ist), oder ist es wirklich notwendig, die Dinge so kritisch zu sehen, da allgemein ein Doktortitel ein sehr ehrwürdiger Titel ist, der nicht jedem zusteht."

froth schreibt:

"Würde auch meine Charaktereinschätzung bestätigen. Entgegen der allgemeinen Medien-Meinungshysterie habe ich G. von Anfang an für einen charakterlosen Wendehals gehalten. Ein Jurastudent, der abschreibt (und der Nachweis ist in der SZ auf Seite 2 erbracht), weiß entweder, was er tut, oder er ist so dumm, dass er unmöglich summa cum laude promoviert werden kann! Er muss jetzt sofort zurücktreten! Und schön ist er auch nicht!"

-AmadeuS- schreibt:

"Falsche Doktorarbeiten, falsche Politiker. Aus den Reihen der CDU/CSU gab es im letzten Jahr Dutzende solcher Meldungen. Hier stellt sich wirklich die Frage, ob diese Parteien nicht einfach nur ein Sprungbrett in die Wirtschaft für unfähige Leute sind, die nicht nur auf Grund ihrer mangelnden Kompetenz eine extrem schlechte Figur machen? Und da wundern sich die Leute, dass jede 3. Arbeit in Deutschland eine Fälschung ist, wieso wundern? Sie machen das nach, was ihre aufgedrängten Vorbilder vormachen. Bayern belegt im Übrigen da wieder einen Spitzenplatz. Professor Papst von zu Guttenberg, hätte ich das allerdings nicht zugetraut, hier gilt auch abzuwarten, was an der Geschichte tatsächlich stimmt."

LvB schreibt:

"Es stellt sich immer mehr heraus, dass der 'Dr. Freiherr von und zu' doch eher den Titel 'Nepper, Schlepper, Bauernfänger' verdient hätte. Die naiven Bild-der-Frau-Leserinnen müssen sich wohl ein neues Idol suchen."

Rhinelander schreibt:

"Lustig - da stimmen weite Teile einer Dissertation wörtlich mit anderen Schriften überein, ohne als Zitat gekennzeichnet zu sein. Und hier liest man von Kommentatoren, die denjenigen, der das bemerkt hat, anprangern. Wer hat abgeschrieben? Entweder der hl. Ken-Theodor oder sein Ghostwriter. Und die Folgen des Plagiarismus wird man sehen."

Theodor Ickler schreibt:

Wenn Guttenberg nur vergessen hätte, die Herkunft einiger Zitate nachzuweisen, hätte er die zitierten Texte nicht verändern dürfen. Genau dies hat er aber getan und damit zu erkennen gegeben, daß er sie als seine eigenen Texte verstanden wissen wollte. Leider habe ich als Hochschullehrer sehr viel Erfahrung mit Plagiatsversuchen, die in den letzten Jahren immer dreister geworden sind, dank Internet. Viele Betrüger vergessen aber, daß das Internet auch dabei hilft, den Betrug aufzudecken. Mir sind schon Arbeiten untergekommen, die der "Verfasser" nicht einmal gelesen haben kann, wenn er zum Beispiel "die Verfasserin" stehen läßt, obwohl er ein Mann ist. Guttenberg hat vermutlich einen dieser Promotionsberater beschäftigt, die am Rande der Legalität ihr Geld verdienen. Es scheint aber eine Billigfirma gewesen zu sein, was bei den Vermögensverhältnissen im Hause Guttenbergs eine weitere Dummheit wäre."

eijay699 schreibt:

"So, wie es hier ausschaut, hat KTG eindeutig ein Plagiat verwendet! Wenn dies die Doktorarbeit von KTG ist, wird ihm der Titel aberkannt! (...) Mann braucht keinen Dr., um Kanzler zu werden, aber so einen einfachen Betrüger will doch keiner als 'Oberhaupt'. Ich denke, das war's für die politische Karriere von KTG! Rücktritt und Ausschluss sind die logischen und richtigen Konsequenzen, die folgen müssen und erwartet werden."

Rajolos schreibt:

"Ich habe in der letzten halben Stunde die Kommentare von Usern im T-Online-Forum zum Fall Guttenberg verfolgt. Sie geben beredte Kunde von der Einstellung der Deutschen zu intellektueller Arbeit. Man vergleicht das Vergehen Guttenbergs mit eigenen Schulerfahrungen: Man habe ja früher in der Schule auch mal vom Nachbarn abgeschrieben. Alles also nicht so schlimm. Ey Mann ey, wa? Ein Bewusstsein dafür, wie viel jahrelange Arbeit hinter einer eigenständig verfassten Promotion steckt, ist hierzulande im Land des Prolls, nicht vorhanden. Das war zu seligen Zeiten des Kaisers so, im Nationalsozialismus - und diese Mentalität wirkt noch weiter heute. Der Herr von und zu ... G. erfreut sich auch deshalb so großer Beliebtheit, weil er diese deutsche Mentalität der Intellektuellenverachtung grandios bedient: Is scho a Hund, der Guttenberg, der zeigt's den bleichen Professoren. An dieser massenhaften Tumbheit gebricht jede Demokratie. Und mit Guttenberg und Berlusconi geht es in diese Richtung weiter."

BonaeVoluntatis schreibt:

"Es wird dem hier kommentierenden, geneigten Publikum sicher gefallen. Wer schon mal eine Doktorarbeit oder eine andere wissenschaftliche Arbeit geschrieben hat, weiß um deren Umfang und auch, wie leicht es ist, eine Zitatfußnote zu vergessen! Ganz unabhängig davon, ob man jemanden nun mag oder nicht. Außerdem wissen wir seit Helene Hegemann ja spätestens, dass Copy-Pasten eine Kunstform ist und kein Plagiat. :-)"

SimpleKindOfMan schreibt :

"An alle, die sich an den Hintergründen von Fischer-Lescano hochziehen: Wenn die Fakten gegen Guttenberg sprechen, ist es wurscht, wer diese ausgebuddelt hat. Zumindest, solange sie nicht manipuliert wurden. Was sehr schwer sein sollte, da es ja mehrere Exemplare von der Dissertation gibt."

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