Ägypten: Proteste und Gewalt:"Wenn ich heute zurücktrete, wird Chaos ausbrechen"

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In Ägypten ist kein Ende des blutigen Machtkampfes in Sicht. Obwohl sich die Armee mit Panzern zwischen Gegner und Anhänger von Hosni Mubarak stellte, gab es erneut Tote und Verletzte in Kairo. Dann meldet sich der Präsident selbst zu Wort: Zwar sei er müde zu regieren - doch zurücktreten, das könne er nicht.

Christiane Schlötzer

In Ägypten ist kein Ende des blutigen Machtkampfes in Sicht. Obwohl sich die Armee mit Panzern zwischen Gegner und Anhänger von Staatschef Hosni Mubarak stellte, gab es am Donnerstag erneut Tote und Verletzte in Kairo. Der Generalstaatsanwalt untersagte Vertretern des Regimes die Ausreise. Die Gewalt richtet sich zunehmend auch gegen Ausländer in Ägypten.

Auch am Donnerstag versammelten sich Tausende Menschen in Kairo, um gegen das Regiem zu demonstrieren. (Foto: AFP)

Zehntausende Menschen ließen sich auch durch militante Mubarak-Anhänger nicht davon abhalten, auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo für einen sofortigen Regimewechsel zu demonstrieren. Am Vortag waren dort erstmals Hunderte gewalttätiger Mubarak-Unterstützer aufgetaucht und hatten die Demonstranten angegriffen. Die Schläger kamen auch am Donnerstag wieder. Sie wurden zum Teil in Bussen gebracht, Augenzeugen sagten, sie seien an Ort und Stelle mit Molotowcocktails versorgt worden. Immer wieder waren Schüsse zu hören. Bei den Auseinandersetzungen wurden nach Angaben des ägyptischen Gesundheitsministeriums seit Mittwoch zehn Menschen getötet und 900 verletzt.

Vizepräsident Omar Suleiman, der erst jüngst von Mubarak ernannt worden war, beschuldigte "ausländische Kräfte", die Unruhen zu schüren. Auch Medien "aus befreundeten Staaten" beteiligten sich daran. Damit griff Suleiman die ausführliche Kairo-Berichterstattung von al-Dschasira und al-Arabija an, die ihren Sitz in Katar und Dubai haben.

Schon zuvor wurden in Kairo und Alexandria zunehmend auch Ausländer angegriffen, unter ihnen viele Journalisten. Auf dem Tahrir-Platz wurden sie von Zivilisten bedrängt und abgeführt. Ein Ausländer soll laut Augenzeugen zu Tode geprügelt worden sein. Mehrere Medienmitarbeiter räumten ihre Büros in der Innenstadt von Kairo.

Suleiman lud auch die halblegale islamistische Muslimbruderschaft zu Gesprächen mit der Regierung ein. Die Opposition hat bislang aber jeden Dialog mit dem Regime verweigert, solange Mubarak noch an der Macht ist. Suleiman betonte auch, der 82-jährige Mubarak werde bis zu Neuwahlen im September Präsident bleiben, weil ein Staat nicht "ohne Kopf" sein könne. Mubarak selbst schloss einen vorzeitigen Amtsverzicht aus. Zwar sei er müde zu regieren. "Wenn ich aber heute zurücktrete, wird Chaos ausbrechen", sagte er am späten Abend dem US-Sender ABC.

Zuvor hatte Premier Ahmad Schafik im ägyptischen Staatsfernsehen gesprochen. Er hatte eine Untersuchung der blutigen Vorkommnisse zugesagt und die Erwartung geäußert, dass so etwas nicht wieder passieren werde. Die Armee hatte ihre Präsenz auf dem Tahrir-Platz am Donnerstag deutlich verstärkt. Immer mehr Soldaten stellten sich mit ihren Panzern zwischen die Fronten. Die Auseinandersetzungen auf dem Platz sind inzwischen zu einem symbolischen Kampf um die Macht im Staat geworden. Auch an diesem Freitag wollen die Mubarak-Gegner wieder demonstrieren.

Überraschend untersagte der ägyptische Generalstaatsanwalt ranghohen Vertretern des Regimes die Ausreise, unter ihnen auch Wirtschaftsleuten und ehemaligen Ministern. Unterdessen verlassen immer mehr Menschen das Land, auf dem Flughafen von Kairo versuchen Tausende Tickets zu bekommen. In Alexandria, der zweitgrößten Stadt Ägyptens, ist die öffentliche Ordnung weitgehend zusammengebrochen. Es gab Kämpfe und Plünderungen. Das Auswärtige Amt in Berlin sprach eine Reisewarnung für Kairo, Alexandria und Suez aus und warnte weiter auch vor Reisen in andere Landesteile.

© SZ vom 04.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Ägypten im Chaos
:Tote und Verletzte in Kairo

Die Steine fliegen wieder: Erneut strömen Tausende Demonstranten auf den Tahrir-Platz. Das Militär ist um Frieden bemüht - doch sowohl Anhänger als auch Gegner Mubaraks suchen die Konfrontation.

aus Kairo.

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