Geheimdienst-Affäre:Luxemburgs Regierung droht das Aus

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Ein Abhörskandal des Geheimdienstes könnte Luxemburgs langjährigen Regierungschef Jean-Claude Juncker vorzeitig das Amt kosten. (Foto: dpa)

Eine Geheimdienst-Affäre erschüttert Luxemburg: Die politische Verantwortung für den Skandal soll Regierungschef Jean-Claude Juncker tragen. Dabei war er offenbar selbst ein Opfer der illegalen Abhörpraktiken.

Für den dienstältesten Regierungschef der EU Jean-Claude Juncker sind dies schwere Tage. Vieles deutet darauf hin, dass er eine undurchsichtige Affäre um dubiose Praktiken des luxemburgischen Geheimdienstes nicht übersteht. Am Freitag hatte sich der sozialdemokratische Koalitionspartner vom christsozialen Juncker abgewendet.

An diesem Tag hatte ein eigens vor sechs Monaten eingerichteter Untersuchungsausschuss des Parlaments festgestellt, Juncker trage die "politische Verantwortung" für das jahrelange unkontrollierte Treiben des luxemburgischen Geheimdienstes. Nur Junckers konservative Parteifreunde stimmten gegen den Bericht - der sozialdemokratische Koalitionspartner votierte mit der Opposition dafür.

Der Untersuchungsausschuss wirft Juncker vor, er habe sich als der für den Geheimdienst verantwortliche Politiker nicht genügend um den "Service de renseignement de l'Etat luxembourgeois" (Srel) gekümmert. Auch nach dem Ende des Kalten Krieges und der Schaffung einer parlamentarischen Kontrollkommission habe der Geheimdienst ein beängstigendes Eigenleben geführt. Immer wieder habe es illegale Abhörpraktiken gegeben.

Attentate, Bomben und eine Wanze in der Armbanduhr

Ein prominentes Opfer war Juncker selbst: Geheimdienstchef Marco Mille zeichnete mit einer Spezialarmbanduhr heimlich ein Gespräch auf, das er im Januar 2007 mit Juncker führte. Als Juncker Ende 2008 davon erfährt, ist das Vertrauensverhältnis zerstört: Mille wird 2010 Sicherheitschef des Siemens-Konzerns.

Recherchen der Presse bringen seit Ende 2012 immer wieder Details ans Licht, die mehr nach Agententhriller als nach einem seriösen Geheimdienst klingt. Berichte von Attentaten, Bomben, einem Informanten namens M. sowie einer Wanze in der Armbanduhr des nationalen Geheimdienstchefs lassen die Affäre immer mehr an Dynamik gewinnen und drängen Juncker zum Handeln.

Bei einer großen Plenardebatte an diesem Mittwoch (10. Juli) will Juncker sich noch einmal erklären. 120 Minuten Redezeit hat der Jurist beantragt. Der sozialistische Fraktionschef Lucien Lux hat schon einen "Neuanfang" gefordert - andere Politiker Junckers Rücktritt. Großherzog Henri würde in diesem Fall die Abgeordnetenkammer auflösen - Neuwahlen am 20. Oktober gelten als am wahrscheinlichsten. Regulär gäbe es Wahlen im Sommer 2014.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/jhal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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