Franz Müntefering:Der rote Regent

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Unsichtbar, aber nicht untätig: SPD-Chef Franz Müntefering ist zwar in den letzten Wochen kaum aufgetreten, dafür hat er aber die Parteizentrale komplett umgebaut.

Susanne Höll

Sechs Wochen war Franz Müntefering fast unsichtbar. Seit der denkwürdigen SPD-Klausur am Schwielowsee, bei der er zum designierten Parteivorsitzenden gekürt wurde, bis zu seiner Wahl am vergangenen Samstag hatte er öffentliche Termine gemieden. Eine SPD-Fraktionssitzung in Berlin betrat er sogar durch die Hintertür, um Kameras und Mikrophonen auszuweichen.

Franz Müntefering hat gut lachen: Die SPD-Parteizentrale hat er nach seinen Vorstellungen umgebaut. (Foto: Foto: dpa)

Wer sich fragte, womit Müntefering in diesen nur vermeintlich ruhigen Tagen beschäftigt war, erhält nun die Antwort: Er plante seine, wenn man so will, Tour de Franz, quer durch die Republik. Zugleich organisierte er die Parteizentrale in Berlin entscheidend um.

Tour de Franz

An diesem Donnerstag spricht der Vorsitzende im niedersächsischen Stadthagen über sein Lieblingsthema, die Sozialdemokraten im 21. Jahrhundert, tags darauf in Minden über bürgerliches Engagement. Samstag kommt er zum Landesparteitag der SPD Sachsen-Anhalts nach Naumburg an der Saale, am Sonntag feiert er gleich zweimal Geburtstag bei Ortsverbänden in Osterode und Groß Berkel. Solche Termine gehören zum Vorsitzenden-Alltag; doch in diesen Tagen sind sie mehr. Alle diese Auftritte dienen dem ersten großen Ziel, das Müntefering so formuliert hat: "Wir wollen die politische Meinungsführerschaft gewinnen."

In der SPD ist es seit dem Führungswechsel zwar deutlich ruhiger geworden, und in Finanzminister Peer Steinbrück haben die Sozialdemokraten einen unerwarteten Krisenmanager gewonnen. Doch in den Umfragen schlägt sich das neue Selbstbewusstsein noch nicht nieder.

Namhafte Sozialdemokraten mahnen, dass je nach Umfang und Ausgang der Geldmarktkrise bei den Wahlen im nächsten Jahr die Linkspartei und nicht die SPD im linken Spektrum der Profiteur des Weltfinanzdebakels sein könnte. In den Umfragen liegt die SPD nach wie vor bei schwachen 25 Prozent. Zum Vergleich: Die Linkspartei kommt auf etwa 13, die Union auf 37 Prozent.

Im neuen Spitzenduo ist Müntefering für die generelle Meinungsführerschaft zuständig, in die Partei hinein, aber durchaus auch in der Öffentlichkeit. Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier kümmert sich als Vizekanzler und Außenminister um das SPD-Profil in der Bundesregierung.

Müntefering ist der Antreiber, im Willy-Brandt-Haus sowieso. Die Parteizentrale hat er gleich an seinem ersten offiziellen Arbeitstag umgebaut. Abteilungen wurden neu organisiert, für Kommunikation und Kampagnen ist jetzt Svenja Hinrichs, die wahlkampferprobte langjährige Mitarbeiterin des Müntefering-Vertrauten und Bundesgeschäftsführers Kajo Wasserhövel zuständig.

Größere Verwerfungen gab es deswegen bislang nicht. Im Gegenteil. Prominente Vertreter der Parteigruppierungen sagen, die Reorganisation sei längst überfällig, selbst wenn sie die Details nicht kennen. Das allseits positive Echo erklärt sich aus der Tatsache, dass das Willy-Brandt-Haus bislang nicht im Ruf großer Effizienz stand und SPD-Rechte wie -Linke immer wieder warnten, dass mit der bisherigen Mannschaft der ohnehin schwierige Bundestagswahlkampf 2009 kaum zu bewerkstelligen sei.

Müntefering ist also zurückgekehrt, mit ziemlicher Wucht. Auf der SPD-Internet-Seite hat sich das noch nicht richtig niedergeschlagen. In der Promi-Liste konnte man am Mittwoch mit Fotos versehene Links zu Steinmeier und Generalsekretär Hubertus Heil anklicken. Ein entsprechender Müntefering-Link allerdings fehlte.

© SZ vom 23.10.2008/lawe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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