Italiens neue Regierung setzt ihre umstrittene Kampagne gegen internationale Hilfsorganisationen fort, die im zentralen Mittelmeer Flüchtlinge aus Seenot befreien. Nach der "Aquarius", einem Boot von SOS Méditerranée, soll nun auch die "Lifeline" der gleichnamigen deutschen Organisation mit 239 Passagieren an Bord daran gehindert werden, in einem italienischen Hafen anzulegen. Innenminister Matteo Salvini von der rechtsnationalen Lega twitterte am Freitag, man habe Malta aufgefordert, die Flüchtlinge aufzunehmen. Passiere das nicht, schrieb er, würde das Schiff in Italien beschlagnahmt und die Besatzung festgenommen.
Am Abend wurde bekannt, dass auch Malta dem Boot die Einfahrt in einen Hafen verwehrte. Maltas Ministerpräsident Joseph Muscat teilte unterdessen mit, dass die maltesischen Hilfskräfte einen kranken Migranten von Bord des Schiffs geborgen hätten und das Schiff mit Hilfsgütern versorgen würden. Lifeline-Sprecher Axel Steier äußerte sich besorgt über die Zustände auf dem Schiff. Die Verhältnisse seien sehr beengt, viele Menschen seien krank. "Sie brauchen dringend einen sicheren Hafen", sagte Steier. "Sie dürfen nicht länger auf dem Wasser hin- und hergeschickt werden."
Italiens Transportminister von den Cinque Stelle, Danilo Toninelli, rechtfertigte das harte Vorgehen so: "Unser Ziel ist es, Menschenleben zu retten." Italien habe in dieser Hinsicht in jüngerer Vergangenheit so viel geleistet wie kein anderes Land. Die Regierung müsse aber auch dafür sorgen, dass die Gesetze respektiert würden. Die "Lifeline", sagte Toninelli, habe maximal Platz für fünfzig Passagiere, es seien aber mehr als 200 an Bord. Das sei verantwortungslos. Außerdem sei das Boot mit niederländischer Flagge unterwegs, in den Niederlanden jedoch nicht gemeldet.
Salvini fügte hinzu, die "Lifeline" müsse aus dem Verkehr gezogen werden, damit sie keinen "Menschenschmuggel" mehr betreiben könne. Bei anderer Gelegenheit nannte er die Rettungsorganisationen schon "Taxidienste für Flüchtlinge" und "Vizeschlepper". Geht es nach dem Innenminister, soll bald gar kein Boot einer NGO mehr vor Libyen kreuzen. Sollten dennoch welche übrig bleiben, müssten in Zukunft jene Länder die Flüchtlinge aufnehmen, aus denen die NGOs stammten.
In einem Spiegel-Interview erteilte Salvini dem Plan von Kanzlerin Angela Merkel eine Absage, die Asylsuchende in jene Länder zurückzuschicken, in denen ihre Ankunft zuerst registriert wurde: "Wir können keinen Einzigen mehr aufnehmen", sagte Salvini. "Im Gegenteil: Wir wollen ein paar abgeben." Er sei sich bewusst, dass er so zum Sturz der Kanzlerin beitragen könne. "Wir sind nicht nur in Flüchtlingsfragen weit voneinander entfernt", so Salvini.