Feierstunde in Oslo:"Der Friedensnobelpreis für die EU ist verdient und notwendig"

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Gleich drei Vertreter hat die EU nach Oslo geschickt, um den Friedensnobelpreis entgegenzunehmen: Parlamentspräsident Schulz, Kommissionschef Barroso und den Ratsvorsitzenden Van Rompuy. Der Vorsitzende der Nobelpreiskommission würdigt außerdem die Verdienste Helmut Kohls - und verteidigt die Entscheidung gegen Kritik.

"Wen rufe ich an, wenn ich Europa sprechen will?", hat einst der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger gefragt. Übertragen auf die Nobelpreisverleihung ließe sich fragen: Wer nimmt die Auszeichnung entgegen, wenn die EU den Nobelpreis bekommt?

Die Lösung der EU lautete: Sie schickte gleich drei Vertreter zur Preisverleihung nach Oslo. Europaparlamentspräsident Martin Schulz, EU-Kommissionschef José Manuel Barroso und EU-Ratsvorsitzender Herman Van Rompuy nahmen gemeinsam Medaille und Urkunde vom norwegischen Nobelkomitee in Empfang. Auch etwa ein Dutzend Staats- und Regierungschefs nehmen an der Verleihungszeremonie teil, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

Das Komitee hatte der EU Mitte Oktober den mit acht Millionen schwedischen Kronen (930.000 Euro) dotierten Preis zugesprochen. Es würdigt damit den Beitrag der Union für die Verbreitung von Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa. Die 1957 als Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründete EU - inzwischen von anfangs sechs auf 27 Mitglieder angewachsen - habe sich um die Völkerverständigung verdient gemacht.

Ein bisschen Nobelpreis für Helmut Kohl

"In einer Zeit der Unsicherheit erinnert dieser Tag die Menschen in Europa und in aller Welt an den fundamentalen Zweck der Europäischen Union: Die Verbrüderung der europäischen Nationen voranzutreiben, jetzt und in der Zukunft", so Van Rompuy in seiner Dankesrede, die bereits vorab veröffentlicht wurde.

Die EU will das Preisgeld für Kinder stiften, die zu Kriegsopfern geworden sind. Übergeben wird die Auszeichnung in Anwesenheit des norwegischen Königs Harald V. Die Verleihung des Friedensnobelpreises findet traditionell am 10. Dezember in Oslo statt - dem Todestag ihres Stifters Alfred Nobel.

Der Vorsitzende des norwegischen Nobelkomitees, Thorbjørn Jagland, würdigte in seiner Ansprache auch die besonderen Verdienste von Helmut Kohl für die europäische Einigung. "Wir müssen Kohl dafür danken, Verantwortung übernommen und Kosten geschultert zu haben, Ostdeutschland über Nacht in ein vereintes Deutschland zu führen. Das hat uns allen genutzt", sagte Jagland über den ehemaligen deutschen Bundeskanzler, der vor der Entscheidung des Komittees als möglicher Preisträger gehandelt worden war.

Die Entscheidung des Komitees stieß bei früheren Preisträgern und Menschenrechtsaktivisten auf Kritik. Sie werfen Brüssel vor, oft hinter den eigenen Prinzipien zurückzubleiben. Jagland wies Kritik an der Entscheidung zurück. Die EU habe maßgeblich zur "unglaublichen Aussöhnung" in Europa nach zwei Weltkriegen beigetragen habe. "Der Friedensnobelpreis für die EU ist verdient und notwendig", erklärte er.

© Süddeutsche.de/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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