Euro-Krise:Papandreou fordert Radikalreform für Griechenland

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Griechenland kämpft mit sich selbst - und muss dringend damit aufhören, fordert Premierminister Giorgos Papandreou. Zu Beginn einer dreitägigen Marathondebatte verlangt er einen "nationalen Konsens" über die Sparbeschlüsse, stellt die Vertrauensfrage und will die Verfassung des Landes grundlegend ändern.

Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hat ein Referendum über eine Verfassungsreform im Herbst gefordert. Zu Beginn einer dreitägigen Parlamentsdebatte machte Papandreou den aufgeblähten Staatsapparat für die Schuldenkrise Griechenlands verantwortlich. Um den Herausforderungen zu begegnen, bedürfe es eines "Wechsels des politischen Systems", sagte Papandreou. Eine neue Verfassung würde zudem die strafrechtliche Verfolgung von Regierungsmitarbeitern vereinfachen.

Giorgos Papandreou hat einen schweren Stand im Athener Parlament. (Foto: AP)

Papandreou rief die Parteien seines Landes zu einem "nationalen Konsens" über die von der Regierung beschlossenen Sparmaßnahmen auf. Bei der Eröffnung der Parlamentsdebatte bat der Staatschef darum, seiner erst vor wenigen Tagen umgebildeten Regierung bei der für Dienstag erwarteten Abstimmung im Parlament das Vertrauen auszusprechen. Dafür benötigt er 151 Stimmen der insgesamt 300 Abgeordneten.

Papandreous Panhellenische Sozialistische Bewegung (Pasok) verfügt im Parlament über eine knappe Mehrheit von 155 Abgeordneten. Einige von ihnen stehen dem Sparpaket allerdings kritisch gegenüber. Der konservative Oppositionsführer Antonis Samaras erklärte im Anschluss an Papandreous Rede, seine Partei Nea Dimokratia werde bei der Vertrauensfrage nicht für die Regierung stimmen. Papandreou verfolge eine Politik, die nicht zur Lösung der Probleme beitrage, sondern diese noch verschärfe.

Die beiden Oppositionsparteien der Linken lehnen die Sparmaßnahmen ab. Die neuen von der Regierung geplanten Maßnahmen sehen Einsparungen im Umfang von 28,4 Milliarden Euro bis zum Jahr 2015 vor, wovon im laufenden Jahr bereits 6,4 Milliarden Euro verwirklicht werden sollen. Außerdem soll die Privatisierung von Staatsunternehmen beschleunigt werden, was der Staatskasse bis 2015 etwa 50 Milliarden Euro einbringen soll. Vorgesehen sind ferner weitere Steuererhöhungen sowie Kürzungen der Beamtengehälter und der Abbau von Sozialleistungen.

Die Zustimmung des Parlaments zu den neuerlichen Sparmaßnahmen ist die Voraussetzung dafür, dass Anfang Juli die fünfte Tranche der insgesamt rund 110 Milliarden Euro umfassenden Notkredite von Internationalem Währungsfonds und Europäischer Union ausgezahlt wird. Nach Massenprotesten gegen seine rigide Sparpolitik hatte Papandreou sein Kabinett umgebildet.

Seinen bisherigen Verteidigungsminister Evangelos Venizelos betraute er mit der Leitung des Finanzressorts. Venizelos wollte am Sonntagabend in Luxemburg mit den Finanzministern der Eurogruppe über ein weiteres Rettungspaket für das von einer Pleite bedrohte Griechenland beraten.

Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok hat unterdessen an die Konservativen in Griechenland appelliert, die massiven Sparauflagen für die Rettung aus der Schuldenkrise mitzutragen. "Es darf keine populistischen Spielchen geben", sagte Brok der Nachrichtenagentur dpa. Die Europäische Volkspartei (EVP), das Bündnis konservativer Parteien in der EU, sei mit griechischen Parteifreunden im Gespräch.

Portugal und Irland hätten vorgemacht, dass ein Weg aus der Krise möglich sei. Brok sagte weiter, es dürfe nun keine Verweigerungshaltung mehr geben. "Parteipolitisches Getue darf jetzt keine Rolle spielen." Allerdings müsse für die griechische Innenpolitik auch festgehalten werden: "Beide Seiten tricksen und weisen sich gegenseitig die Schuld zu".

Die EVP wird sich am Donnerstag vor dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel treffen. Dort wird der griechische Oppositionsführer Antonis Samaras vermutlich mit kritischen Fragen konfrontiert. Die innenpolitische Entwicklung in Griechenland selbst sei jetzt entscheidend, meinte Brok weiter. "Wenn die das nicht hinkriegen bis zum Gipfel, könnte alles in die Luft fliegen." Die konservative Nea Dimokratia dürfe sich nicht durch Umfragen bei den Wählern in ihrer Blockade des Sparkurses bestätigen lassen. In Portugal hätten die Konservativen mit konstruktiver Politik sogar die Wahlen gewonnen. In Irland seien lange verfeindete Parteien aufeinander zugegangen. "Jetzt müssen das auch die Griechen schaffen."

© dapd/afp/Reuters/dpa/wolf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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