EU: Roma-Abschiebung:Doch kein Strafverfahren gegen Paris

Die EU scheut den Konflikt und verzichtet auf ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich.

Der Aufschrei in Europa war groß, als Paris im Sommer Hunderte Roma in den Flieger setzte und aus Frankreich abschon. Die EU drohte Paris sogleich Sanktionen - die jetzt allerdings ausbleiben.

A Roma family arrives at Baneasa international airport in Bucharest from Marseille

Frankreich war wegen seiner Roma-Politik in die Kritik geraten - doch EU-rechtliche Konsequenzen bleiben jetzt aus.

(Foto: REUTERS)

Die EU-Kommission beschloss am Dienstag, dass es kein Strafverfahren gegen Frankreich einleiten wird. "Wir werden das Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich zunächst nicht weiter verfolgen", teilte EU-Justizkommissarin Viviane Reding nach einer Sitzung mit. Brüssel hält die von Frankreich gegebenen Garantien zur vollständigen Umsetzung des EU-Rechts bei der Ausweisung von Roma für ausreichend.

Reding erklärte, Frankreich habe alles getan, worum es von der EU-Kommission gebeten worden sei. Paris hatte zuvor zugesichert, die EU-Regelungen zur Niederlassungsfreiheit vollständig im nationalen Recht umzusetzen. Reding hob hervor, die Kommission bleibe aber "wachsam" und werde beobachten, ob die Änderungen auch wirklich erfolgen.

In EU-Kreisen hieß es, nach dem ungewöhnlich heftigen Streit mit Paris wolle EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso das heikle Kapitel vor dem EU-Gipfel nächste Woche abschließen.

Die mögliche Androhung eines zweiten Strafverfahrens wegen Diskriminierung von Minderheiten hatte Frankreich schon zuvor abgewendet. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zeigte sich "sehr glücklich" über die Entscheidung. Am Rande eines Spitzentreffens im französischen Deauville äußerte er sich zufrieden darüber, dass "die Vernunft siegt".

Zwischen ihm und Reding beziehungsweise Barroso war es wegen der Roma-Politik zu einem ungewöhnlich heftigen Schlagabtausch gekommen. Reding hatte das französische Vorgehen scharf kritisiert und dieses sogar mit den Deportationen der Nazis verglichen. Später nahm sie diese Äußerungen zurück. Die französische Regierung war dennoch so empört, dass es beim EU-Gipfel Mitte September zu einem Eklat auch zwischen Barroso und Sarkozy kam.

Die französische Regierung hatte ihre Gangart gegen illegale Einwanderung und Kriminalität im Juli verschärft, nachdem Sarkozy dies in einer Rede angekündigt hatte. Daraufhin wurden die Räumungen von Roma-Lagern sowie die Abschiebungen noch einmal beschleunigt. Seit Jahresbeginn wurden insgesamt ehr als 8000 Roma zurück in ihre Heimatländer Rumänien und Bulgarien geschickt.

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