Deutsche Rüstungsgüter:Gabriel verteidigt restriktive Exportpolitik

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) steht mit seiner strikten Linie bei Rüstungsexporten in der Kritik. (Foto: dpa)

"Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen": Wirtschaftsminister Gabriel will seine strenge Linie in Bezug auf deutsche Waffenexporte beibehalten. Das macht er nach einem Treffen mit Betriebsräten der Rüstungsindustrie deutlich. Vielmehr müssten sich die EU-Länder besser abstimmen.

  • Gabriel will keine Waffen in den Irak liefern und beruft sich auf die Vereinbarungen im schwarz-roten Koalitionsvertrag.
  • Der Wirtschaftssprecher der CDU, Joachim Pfeiffer, wirft SPD-Chef Sigmar Gabriel Gefährdung der nationalen Sicherheit vor. Grund dafür ist Gabriels strikte Linie bei den Rüstungsexporten.
  • SPD hatte im Wahlkampf eine deutliche Einschränkung der Exporte versprochen.

Gabriel verteidigt seine Linie bei deutschen Rüstungsexporten

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat seine restriktive Politik in Bezug auf deutsche Rüstungsexporte verteidigt. Nach einem Gespräch mit Betriebsräten deutscher Rüstungskonzerne berief er sich auf den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD. Demnach seien Waffenlieferungen in sogenannte Drittländer - außerhalb von EU und Nato - nur in Ausnahmefällen möglich. "Beschäftigungspolitische Gründe dürfen keine ausschlaggebende Rolle spielen." Forderungen aus der Industrie nach klareren Aussagen dazu, welche Exporte künftig genehmigungsfähig seien und welche nicht, wies Gabriel damit zurück. Die Richtlinien seien hinreichend klar. Waffenlieferungen in Regionen wie dem Irak produzierten meist Probleme, die man später nicht mehr kontrollieren könne, sagte der SPD-Chef. Zudem sei kein deutsches Rüstungsunternehmen von einzelnen Exportbereichen - wie zum Beispiel Saudi-Arabien - abhängig.

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Gabriel forderte für die Zukunft eine bessere Abstimmung innerhalb der EU bei der Wehrtechnik. Es sei nicht sinnvoll, wenn 28 EU-Staaten bei der Rüstung alle ihr eigenes Ding machten, sagte er. Die Debatte dürfe sich nicht allein um Rüstungsexporte drehen, betonte Gabriel. Auch eine Erhöhung der wegen knapper Kassen gesenkten Ausgaben für die Instandhaltung von Militärmaterial könne zum Erhalt der Rüstungsbetriebe beitragen. Die Bundesregierung müsse klären, welche Kernkompetenzen in Deutschland erhalten werden sollten und welche Rolle die Bundeswehr dabei spiele. Es gehe etwa um die Frage, welche Rüstungsprojekte künftig bei der deutschen Armee anstünden. Darauf könne er als Wirtschaftsminister keine Antwort geben.

Sorgen in der Rüstungsindustrie

In der Branche geht die Sorge um, dass Gabriel und die SPD die Exporte massiv einschränken wollen. Grund für das Treffen war ein Brief vom Juni, in dem etwa 20 Betriebsräte das Fehlen einer klaren Linie kritisierten. Darin hieß es: "Dies wirkt sich unmittelbar auf die Beschäftigten und ihre Arbeitsplätze aus." Für einige Unternehmen der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie sei es "kurz vor zwölf". Der baden-württembergische IG-Metall-Chef Roman Zitzelsberger sagte im Deutschlandfunk, die Politik müsse sagen, wie die Sicherheits- und Beschaffungspolitik von Bundeswehr und Verbündeten künftig aussehe. Auch seine Gewerkschaft trete für weniger Wehrtechnik und weniger Rüstungsexporte ein. Allerdings müssten die Kernkompetenzen und die Arbeitsplätze in diesem Segment erhalten werden.

CDU wirft Gabriel vor, Deutschland zu schaden

Der Wirtschaftsflügel der Union beschuldigt SPD-Chef Sigmar Gabriel, mit seiner strikten Linie bei Rüstungsexporten Deutschland zu schaden. "Was Gabriel macht, ist aus meiner Sicht eine Gefährdung der nationalen Sicherheit", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, im Interview der Nachrichtenagentur dpa.

Mit Blick auf mögliche deutsche Waffenlieferungen in der Irak-Krise sagte Pfeiffer, Deutschland sollte in einer offensiven europäischen Außen- und Sicherheitspolitik mehr Verantwortung übernehmen. "Dann müssen wir mitmachen, und zwar bei allem. Da kann es kein Tabu geben." Deutschland dürfe nicht nur Decken und Schutzwesten liefern. "Wir müssen über unseren Schatten springen", sagte der CDU-Politiker. So sei es zum Beispiel unglaubwürdig, dass die Bundeswehr in Mali die Armee ausbilde, aber nicht mit Waffen ausrüste. "Wer A sagt und ausbildet, der muss auch B sagen und ausstatten. Die brauchen doch Handfeuerwaffen, um das Gewaltmonopol durchzusetzen."

SPD verlangt deutliche Einschränkung der Exporte

SPD-Vize Ralf Stegner verlangt dagegen eine deutliche Einschränkung der Rüstungsexporte. "Ich bin glasklar dafür, dass wir keine Waffen mehr in Spannungsgebiete oder Dikatuern liefern wie unter Schwarz-Gelb", sagte Stegner. "Man muss den Betriebsräten klar sagen: Wir wollen euch helfen, aber Lieferungen zum Beispiel nach Saudi-Arabien könnt ihr vergessen." Stegner forderte seine Partei auf, der Union die Stirn zu bieten. "Wir sind gegen Geschäfte mit dem Tod, die SPD kann sich beim Thema Rüstungsexporte als Friedenspartei profilieren. Statt in Rüstung sollten wir mehr in die Entwicklungszusammenarbeit investieren."

Rüstungsexporte 2013

Im vergangenen Jahr hatte die damalige schwarz-gelbe Koalition Rüstungsexporte von 8,34 Milliarden Euro genehmigt. Die Rüstungsausfuhren in Länder außerhalb von EU und Nato waren 2013 auf Rekordhöhe gestiegen. Die meisten Güter gingen nach Algerien (825,7 Millionen Euro), Katar (673,4 Millionen Euro), die USA (610,7 Millionen Euro), Saudi-Arabien (361 Millionen Euro) und Indonesien (295,7 Millionen Euro). Die SPD hatte im Wahlkampf eine deutliche Reduzierung der Exporte versprochen.

Die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag

Im Koalitionsvertrag mit der Union wurde schließlich vereinbart, dass die "Politischen Grundsätze für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" aus dem Jahr 2000 für das Regierungshandeln verbindlich sei. Zudem wird der Bundestag nun unmittelbar über Exportgenehmigungen des geheim tagenden Bundessicherheitsrates informiert. Dem Gremium gehören Kanzlerin Angela Merkel und acht Bundesminister an.

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