Chodorkowskij-Prozess:Putin will Kritiker im Gefängnis halten

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Der russische Regierungschef Putin hat im Fernsehen eine Verurteilung Michail Chodorkowskijs gefordert. Das Urteil in dem international kritisierten Prozess wird Ende des Jahres erwartet.

Der russische Regierungschef Wladimir Putin hat eine neue Verurteilung seines inhaftierten Kritikers Michail Chodorkowskij gefordert. "Der Dieb muss im Gefängnis sitzen", sagte Putin bei einer live im Staatsfernsehen übertragenen Bürger-Fragestunde am Donnerstag.

Seit sieben Jahren schon sitzt Michail Chodorkowskij im Gefängnis. Erwartet wird, dass er Ende des Jahres erneut zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wird. (Foto: dpa/dpaweb)

Das Urteil in dem zweiten international kritisierten Prozess gegen den ehemaligen Ölmagnaten und Milliardär war am Vortag überraschend verschoben worden. Der russische Staat wirft dem einst reichsten Mann des Landes vor, 218 Millionen Tonnen Öl unterschlagen zu haben.

Chodorkowskij erwartet bei dem neuen Termin für die Urteilsverkündung am 27. Dezember eine weitere mehrjährige Gefängnisstrafe. Die Staatsanwaltschaft fordert seine Inhaftierung bis 2017. Ohne eine erneute Verurteilung würde Chodorkowskij 2011 nach achtjähriger Haft freikommen.

Der frühere Chef des mittlerweile zerschlagenen Ölkonzerns Yukos hatte die Vorwürfe stets als politisch motiviert zurückgewiesen. Beobachter vermuten, dass Russland den weiterhin einflussreichen und finanzstarken Chodorkowskij über die Präsidentenwahl 2012 hinaus politisch kaltstellen will. Unter anderem hatten Deutschland und die USA den Prozess scharf kritisiert.

Die Verbrechen Chodorkowskijs seien bewiesen, sagte Putin im Fernsehen. Für ähnlich schwere Vergehen sei der US-Finanzmakler und Milliardenbetrüger Bernard Madoff von einem amerikanischen Gericht zu 150 Jahren Haft verurteilt worden. Im Vergleich dazu seien die russischen Gerichte geradezu die "humansten", sagte Putin mit kühlem Lächeln.

Druck auf das Gericht

Die Einlassung des Ministerpräsidenten kam für Unterstützer Chodorkowskijs nicht überraschend. In den vergangenen Wochen hatten sie mehrfach gesagt, sie rechneten damit, dass Putin sich vor der Urteilsverkündung äußern würde, um Druck auf das Gericht auszuüben.

Zum wiederholten Male warf Putin seinem Erzfeind in der Fernsehsendung zudem vor, in Auftragsmorde verwickelt zu sein. Beobachter werten dies als Warnung an Chodorkowskij, dass ihm jederzeit ein dritter Prozess drohen könnte.

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