Chefin der Saar-Piraten vor der Landtagswahl:"Sechs oder sieben Prozent wären ein Traum"

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Können es die Piraten auch auf dem Land? Nach dem Einzug ins Berliner Abgeordnetenhaus soll der Landesverband Saar beweisen, dass die Netzpartei nicht nur in Metropolen ihre Wähler hat. Für Landesparteichefin Jasmin Maurer eine Herausforderung: ein Gespräch über die Tücken des Spontanwahlkampfs, den Mythos der Nerdpartei und einen Helfer aus der CDU.

Hannah Beitzer

Damit hatten die Piraten nicht gerechnet: Statt wie geplant 2014 wird nun schon am 25. März 2012 im Saarland gewählt. Nach dem Scheitern der Jamaika-Koalition könnte die Netzpartei mit Landeschefin Jasmin Maurer, 22, ins Parlament einziehen, wenn es ihr gelingt, in kurzer Zeit die Voraussetzungen zu erfüllen. Am Wochenende wollen die Piraten ihre Landesliste aufstellen - womöglich mit Maurer an vorderer Position.

Jasmin Maurer, 22, ist Landesvorsitzende der Saar-Piraten. (Foto: Piratenpartei)

Süddeutsche.de: Frau Maurer, Ihre Partei gilt vielen als Berliner Phänomen. Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Mai wollten die Piraten das Gegenteil beweisen - doch jetzt ist das Saarland dazwischengeraten. Spüren Sie die Verantwortung auf Ihren Schultern?

Maurer: Der Druck, der auf den Piraten in Schleswig-Holstein lastete, ist jetzt zu einem Großteil auf uns übergegangen. Wir hören zum Beispiel manchmal: Ihr müsst das einfach schaffen. Eigentlich hatten wir uns vollkommen auf die Wahl 2014 konzentriert. Unser Wahlprogramm muss erst beim Landesparteitag beschlossen werden - der ist jetzt auf einmal nur noch wenige Wochen vor der Wahl. Es hat sicher auch mit diesen Umständen zu tun, wenn es am Ende nicht klappt. Aber wir werden auf jeden Fall unser Bestes geben.

SZ: Ist der Einzug in den Landtag so kurzfristig überhaupt zu schaffen?

Maurer: Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die fünf Prozent schaffen. Sechs bis sieben Prozent wären natürlich ein Traumergebnis. Wir haben ja Hilfe aus ganz Deutschland, ich weiß gar nicht genau, wie viele Wahlkampfhelfer es gerade sind. Wohl so um die 1000. Wenn wir alles alleine stemmen müssten, dann wäre das nicht so gut.

SZ: Sie wollen mit einem Vollprogramm in den Wahlkampf gehen, also alle relevanten Themen abdecken - wäre es angesichts der kurzen Zeit nicht klüger, sich auf die Kernthemen, also zum Beispiel Netzpolitik, zu beschränken?

Maurer: Wenn man in der Politik ernstgenommen werden möchte, darf man sich nicht nur auf wenige Themen konzentrieren. Wir wollen schließlich im Landtag mitreden können.

SZ: Wie weit ist denn Ihr Programm?

Maurer: Wir sind in den Punkten Bildung und Haushalt schon sehr weit - mehr kann ich aber nicht verraten, weil das Programm erst auf dem Landesparteitag am 10. und 11. März beschlossen werden muss.

SZ: Der CDU-Abgeordnete Ansgar Heveling hat kürzlich im Handelsblatt in einem viel verspotteten Essay "der Netzgemeinde" den Krieg erklärt - bringt das auch den saarländischen Piraten Aufwind?

Maurer: Ja, das kann man schon als einen Schub für unseren Wahlkampf sehen. Viele Mitglieder schreiben mir: Jetzt erst recht!

SZ: Sie werden sich auch selbst um eine Kandidatur bewerben. Derzeit absolvieren Sie eine Ausbildung zur IT-Systemkauffrau. Wäre das mit der Landespolitik vereinbar?

Maurer: Puh, darüber mache ich mir am Montag Gedanken, wenn klar ist, ob ich überhaupt auf einem der vorderen Listenplätze bin. Eigentlich will ich die Ausbildung schon fertig machen, aber ich weiß auch, dass es sehr schwierig wird, das zeitlich zu vereinbaren.

SZ: Was sagt Ihr Chef dazu, dass Sie über Nacht Anwärterin auf ein Landtagsmandat geworden sind?

Maurer: Der war erst schon ein bisschen geschockt.

SZ: Ihr Twitter-Name ist SanguisDraconis, also Drachenblut - woher kommt das?

Maurer: Ich mag Drachen sehr gerne, deswegen haben mir Freunde diesen Spitznamen gegeben.

SZ: Außerdem sind Sie Gothic-Model und bezeichnen sich in Ihrem Twitter-Profil als "Nerdinchen". Das passt ja sehr gut in den Mythos der Piraten als "Nerdpartei" - ist sie tatsächlich die Partei für Außenseiter?

Maurer: Sicher sind bei uns Leute, die anders sind, die ungewöhnliche Ansichten haben. Wir wollen ja auch eine andere Politik machen. Aber Nerd sein, ist kein Mitmachkriterium.

SZ: Die Piratenpartei hat den Ruf, ein reiner Männerhaufen zu sein. Werden Sie als Saarland-Chefin oft darauf angesprochen?

Maurer: Früher wurde ich sehr oft gefragt, wie ich es als Frau geschafft habe, so weit nach oben zu kommen. Dabei hatte das gar nichts mit meinem Geschlecht zu tun - bei uns wird jeder nach der Leistung beurteilt. Ich werde nicht anders behandelt, weil ich eine Frau bin. Übrigens auch nicht, was mein Alter betrifft.

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