CDU-Politiker Jens Spahn zur Homo-Ehe:"Unsere Wähler sind ein Stück weiter als wir"

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Jens Spahn setzt sich für die rechtliche Gleichstellung der Homo-Ehe ein. (Foto: dapd)

Gleiche Rechte für homosexuelle Ehepaare? Die CDU sagt: Nein. Der Parteitag in Hannover lehnte einen entsprechenden Antrag ab. Einer der Antragssteller, der schwule CDU-Politiker Jens Spahn, erklärt im Interview, warum in der CDU trotzdem ein Wertewandel stattfinden muss und wie es mit dem Kampf für die Gleichberechtigung von Homosexuellen weitergeht.

Von Thorsten Denkler und Michael König, Hannover

SZ.de: Herr Spahn, in der Debatte um die steuerliche Gleichstellung machten sich einige ihrer Parteifreunde Sorgen um den Fortbestand des deutschen Volkes. Andere fanden, der liebe Gott habe nicht ohne Grund Mann und Frau erschaffen. Wie ging es Ihnen damit?

Jens Spahn: Ich bin erstmal dankbar, dass die CDU diese Diskussion in dieser Tiefe überhaupt geführt hat. Das wäre vor fünf oder zehn Jahren noch undenkbar gewesen.

Ein Delegierter erklärte, die Politik sei nicht dazu da, dass sich Menschen jederzeit mit ihren privaten Lebensentwürfen verwirklichen könnten.

Das hat mich schon geärgert. Ich verwirkliche keinen Lebensentwurf, sondern ich bin einfach wie ich bin. Da müssen wir schon manchmal mit unserer Wortwahl aufpassen. Die Debatte hat da vielleicht eine größere Sensibilität geschaffen. Ansonsten ist sie aber fair und ausführlich geführt worden. Das hat mich schon gefreut.

Die Partei will die Gleichstellung nicht. Ist das eine kluge Entscheidung?

Schwierig wird es dann, wenn das Bundesverfassungsgericht in einigen Monaten das genaue Gegenteil entscheidet - auch wenn natürlich niemand genau weiß, wie das Urteil aussehen wird. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Parteitagsbeschluss korrigiert werden muss. Das wäre vermeidbar gewesen.

Sie wollten eine Wertedebatte auf dem Parteitag initiieren. Worum geht es Ihnen?

Wir sollten nicht nur eine juristische Diskussion führen. Das würde zu kurz greifen. Wir müssen unsere Werte aus der Zeit der 50er-Jahre übersetzen, als Homosexualität noch verboten war, in ein modernes, verändertes Heute. Wenn zwei Menschen sagen, wir stehen füreinander ein, wir übernehmen Pflichten füreinander bis hin zu Unterhalt nach einer Scheidung, dann gehören auch die entsprechenden Rechte dazu. Diese Rechte und Pflichten, die für die Ehe gelten, müssen deshalb auch für eingetragene Lebenspartnerschaften gelten.

Sie haben für Ihren Antrag etwas über ein Drittel der Delegierten hinter sich gebracht. Hat Sie der Zuspruch überrascht?

Überrascht hat mich mehr, dass es weit über den Kreis der ursprünglichen Antragsteller hinaus Redner aus der ganzen Breite der Partei gab, die für unseren Antrag gesprochen haben.

Zum ersten Mal wurde auf einem CDU-Parteitag überhaupt ausführlich über die Homo-Ehe debattiert. Ist das ein kultureller Neuanfang für die CDU?

Die Union ist nie die Speerspitze gesellschaftlicher Veränderung. Das passt auch nicht zum Charakter einer Volkspartei. Aber sie hat als Volkspartei den Auftrag, gesellschaftliche Veränderungen aufzunehmen und in der Breite der Bevölkerung für Akzeptanz zu werben. Bei uns im Münsterland hat da ein Abgeordneter der CDU sicher bessere Chancen, Gehör zu finden, als ein grüner Szenefunktionär aus Köln.

Wann ist die CDU soweit, dass Sie so eine Debatte auch mal gewinnen können?

Na ja, ich finde, wir sind da auf einem guten Weg. Manchmal habe ich den Eindruck, dass unsere Mitglieder und Wähler schon ein Stück weiter sind als ein Parteitag. Aber das gilt wohl für alle Parteien gleichermaßen.

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