Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan:De Maizière warnt vor überstürztem Abzug

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"Wir sind nicht allein auf der Welt": Verteidigungsminister de Maizière will die deutschen Soldaten nicht früher als geplant aus Afghanistan zurückholen. Allerdings scheint sich die Bundesregierung darüber nicht einig zu sein - Außenminister Westerwelle hat andere Vorstellungen.

Die Bundesregierung will in der aktuellen Debatte um den Afghanistan-Einsatz nichts überstürzen. Frühestens auf dem Nato-Gipfel im Mai könnten mögliche Änderungen am Abzugsplan vorgenommen werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Das Treffen sei "eine gute Gelegenheit, sich international zu besprechen".

Das Ende des Militäreinsatzes der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan ist bislang für Ende 2014 vorgesehen. Hintergrund der Diskussionen um einen früheren Abzug ist die Forderung des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai, die ausländischen Truppen sollten sich nach dem Amoklauf eines US-Soldaten sofort in ihre Kasernen zurückziehen und schon 2013 das Land verlassen.

Karsai und US-Präsident Barack Obama haben inzwischen den Termin 2014 für den Abzug der Nato-Truppen bestätigt. Bis dahin solle die volle Verantwortung für die Sicherheit am Hindukusch in die Hände afghanischer Truppen gelegt werden. Dies bekräftigten die beiden Politiker in einem Telefonat, wie das Weiße Haus mitteilte.

Noch deutlicher als die Bundesregierung wies Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) Forderungen nach einer schnellen Vorlage der Abzugspläne für die Bundeswehr zurück. "Ein Entscheidungsvorschlag kommt eher im September und nicht im April oder Mai", sagte de Maizière. Zur Begründung verwies er auf die zahlreichen Faktoren, die bei der deutschen Planung für das Jahr 2013 zu berücksichtigen seien: "Wir sind nicht allein auf der Welt", sagte der Minister.

Entscheidend sind bei der Ausgestaltung des Bundeswehr-Abzugs nach den Worten de Maizières vor allem die Pläne der US-Verbündeten, auf deren Geräte und Fähigkeiten auch die Bundeswehr teilweise angewiesen ist. Das derzeitige US-Konzept sei auf einen Zeitraum bis September angelegt. Deutschland müsse sich außerdem mit den 17 anderen Nationen absprechen, die unter deutscher Führung im Regionalkommando Nord (RC North) für Sicherheit sorgen. Hinzu kämen weitere Nationen, die ihren Truppenabzug durch das Gebiet des RC North organisieren wollten.

Seibert verspricht Vertragstreue

Zuletzt waren Forderungen - auch aus der FDP - laut geworden, de Maizière müsse angesichts der neu entflammten Abzugsdebatte in Afghanistan und den USA auch für die Bundeswehr möglichst rasch ein Konzept für den Rückzug vorlegen. "Wir werden gewiss nicht länger in Afghanistan bleiben als unsere Verbündeten und als von der afghanischen Seite gewünscht", hatte Außenminister Guido Westerwelle am Rande seines Besuchs in Armenien gesagt. Die Aussage war als Hinweis auf einen möglichen früheren Abzugstermin gewertet worden.

Die Opposition im Bundestag forderte daraufhin Klarheit über den Bundeswehreinsatz am Hindukusch. Die Bundesregierung müsse offenlegen, ob sie neue Abzugspläne verfolge, sagte der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Gernot Erler. "Äußerungen von Außenminister Westerwelle lassen den Schluss zu, dass es offenbar solche Überlegungen gibt." Die SPD-Fraktion sprach sich gegen einen übereilten Rückzug aus Afghanistan aus und warnte vor einem "Wettrennen".

Regierungssprecher Seibert versicherte daraufhin Vertrags- und Bündnistreue: "Für die Bundesregierung gilt jetzt das, was international und auch mit Afghanistan vereinbart worden ist."

De Maizière warnte auch mit Blick auf mögliche künftige Einsätze der Bundeswehr vor leichtfertigen Beschlüssen. "Soldaten irgendwo hinzuschicken, muss eine schwierige Entscheidung sein, das darf nie eine Hurra-Entscheidung sein", sagte er. Derartige Beschlüsse dürften auch nicht allein unter dem Eindruck bestimmter Fernsehbilder gefällt werden. "Öffentliche Empörung kann ein, darf aber nie der entscheidende Maßstab für die Entsendung von Soldaten sein."

Der Verteidigungsminister bekräftigte seine Erwartung, dass künftig die Anfragen an Deutschland eher zunehmen als abnehmen dürften.

© Süddeutsche.de/dapd/AFP/Reuters/feko - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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