Bürgerkrieg:Syrische Armee beginnt Bodenoffensive auf Aleppo

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Soldaten der syrischen Armee in Aleppo auf einem Bilder der syrischen Nachrichtenagentur Sana (Archivbild vom 25. September 2016). (Foto: dpa)
  • Syrische Regierungstruppen und ihre Verbündeten haben offenbar parallel zu schweren Luftangriffen auf Aleppo mit dem Vormarsch auf dem Land begonnen.
  • Die Hilfsorganisation "Weißhelme" meldete, mindestens 13 Menschen seien im von Rebellen kontrollierten Osten der Stadt getötet worden.
  • Bundeskanzlerin Merkel forderte Syriens Machthaber al-Assad und Russland auf, notwendige Schritte hin zu einer Waffenruhe und humanitären Versorgung zu unternehmen.

Nach tagelangen Luftangriffen auf Aleppo haben die syrische Regierung und ihr wichtigster Verbündeter Russland offenbar mit einer Bodenoffensive begonnen: Die syrische Armee und ihre Verbündeten hätten die besetzte Stadt aus vier Richtungen angegriffen, meldet die Deutsche Presseagentur unter Berufung auf Militärkreise.

Demnach hat die Armee das Viertel Farafira nahe der Zitadelle von Aleppo eingenommen. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte hingegen mit, bislang seien nur einige Gebäude in der Altstadt eingenommen. Kampfflugzeuge und Hubschrauber hätten das von Rebellen besetzte Gebiet im Stadtosten angegriffen. Die Angaben der in London angesiedelten Menschenrechtsorganisation sind kaum zu überprüfen. Die Hilfsorganisation "Weißhelme", die kürzlich den Alternativen Nobelpreis erhalten hat, sprach von mindestens 13 Toten.

Bodenoffensive folgt auf tagelangen Bombenhagel

In den vergangenen Tagen hatte der von Regierungsgegnern kontrollierte Osten der Stadt einen wahren Bombenhagel erlebt. Russische und syrische Kampfflugzeuge hatten bei Angriffen auch sogenannte "Bunkerbrecher" über der Stadt abgeworfen, die selbst die Keller von Gebäuden sprengen können.

Mehr als 260 Menschen wurden bei den Angriffen seit dem Ende einer vorübergehenden Waffenruhe getötet, für das sich Russland und die USA gegenseitig die Schuld geben: Der Kreml fliegt mit den Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad gemeinsame Angriffe, wohingegen Washington in dem Bürgerkriegsland gemäßigte Rebellen unterstützt.

Merkel sieht Assad und den Kreml in der Pflicht

Die in Aleppo eingeschlossene Zivilbevölkerung treffen die fortdauernden Kämpfe besonders schwer: In dem von Rebellen kontrollierten Stadtteil gebe es nur noch 35 Ärzte und 25 medizinische Einrichtungen, erklärte die Sprecherin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Fadéla Chaib. Die WHO fordert daher die Einrichtung humanitärer Korridore, durch die Kranke und Verwundete die Stadt verlassen könnten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekundete in Berlin Betroffenheit über die Brutalität der Gefechte. Sie bezeichnete die Ereignisse als "brutale Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in einem absolut nicht akzeptablen Ausmaß". Zu einer denkbaren Flugverbotszone sagte sie: "Ich selbst bin skeptisch, dass man im Augenblick... sofort eine Flugverbotszone durchsetzen kann." Es sei jedoch an Assad und Russland, einen Schritt in Richtung Waffenstillstand und humanitärer Versorgung zu machen.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg nannte am Rande eines Treffens der EU-Verteidigungsminister in Bratislava die Luftangriffe "moralisch absolut inakzeptabel und ein eklatanter Verstoß gegen internationales Recht", der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault sprach von "Kriegsverbrechen" der syrischen Regierung.

© SZ.de/dpa/AP/Reuters/ees - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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