Baden-Württemberg:Der sanfte grüne Machtwechsel

Das Wahlergebnis im Stuttgarter Landtag ist ein Triumph für die Grünen, aber auch einer für Windfried Kretschmann persönlich. Jetzt muss er als erster grüner Ministerpräsident ausgerechnet in einem Bundesland überzeugen, dessen ganzer Stolz seine Wirtschaftskraft ist.

Alexandra Borchardt

Das ging fast zu glatt, um wahr zu sein: Baden-Württembergs Parlamentarier haben Winfried Kretschmann gleich im ersten Wahlgang zum ersten grünen Ministerpräsidenten Deutschlands gekürt - und das Ergebnis legt nahe, dass sogar zwei Abgeordnete aus der Opposition dem alten Weggefährten die Stimme gegeben haben. Dies ist ein Triumph für die Grünen, aber auch einer für Kretschmann persönlich. Durch seine unaufgeregte Art, Integrität und gemäßigte politische Linie hat er die einstige Protestpartei auch im konservativen Südwesten für bürgerliche Schichten wählbar gemacht. In den Koalitionsverhandlungen hat er den kleineren Partner SPD sehr gut wegkommen lassen und damit gezeigt, dass sein künftige Kurs einer des Kompromisses, nicht des Krawalls werden wird.

Winfried Kretschmann ist der erste grüne Ministerpräsident Deutschlands: Es ging fast zu glatt, um wahr zu sein. (Foto: dpa)

Dieser sanfte Start kommt den Grünen gelegen, denn die Machtübernahme von Grün-Rot nach 58 Jahren konservativer Regierung in Baden-Württemberg ist für die Partei ein ähnlicher Einschnitt wie jener 1998, als Gerhard Schröder und Joschka Fischer die erste rot-grüne Koalition im Bund besiegelten. Fischer konnte in den Jahren danach als weithin beliebter Außenminister beweisen, dass ein Grüner auch zum Staatsmann taugt.

Hatten die Grünen damals den Wandel zur Regierungspartei bewältigt, müssen sie jetzt zeigen, dass sie auch Volkspartei können. Kretschmann kommt dabei eine Schlüsselrolle zu: Er muss als erster grüner Spitzenmann ausgerechnet in einem Bundesland überzeugen, dessen ganzer Stolz seine Wirtschaftskraft ist. Schafft er das mit jener Partei im Rücken, die Wachstum und Profitstreben in weiten Teilen bislang eher skeptisch gegenübersteht, können die Grünen den nächsten großen Sprung schaffen.

© SZ vom 31.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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