Außenpolitik:Wie die Berater um das Ohr des US-Präsidenten ringen

Lesezeit: 4 min

Wer hat Einfluss, wer nicht? US-Präsident Donald Trump bei einem Meeting im Weißen Haus, umgeben von Beratern. (Foto: dpa)
  • Der außenpolitische Kurs von Donald Trumps US-Regierung ist bisher nicht klar erkennbar.
  • Nach anfänglichen unkonventionellen Schritten spiegeln nun manche Äußerungen Trumps traditionelle republikanische Positionen wider.
  • Im Weißen Haus ringen vier Fraktionen um die Aufmerksamkeit des neuen US-Präisdenten.

Analyse von Reymer Klüver

Die Wende kam überraschend, wie so vieles bei Donald Trump. Ohne Ankündigung und ohne Vorwarnung - und ohne, dass man wirklich weiß, ob sie tatsächlich von Dauer sein wird oder nur einen neuen Schwenk in einer mäandernden Regierungspolitik darstellt. Besser gesagt sind es gleich zwei, vielleicht sogar drei Kehrtwenden, die der amerikanische Präsident innerhalb nur eines Tages vollzog in drei ziemlich gewichtigen außenpolitischen Fragen. So gewichtig, dass sie Amerikas Verbündete rund um den Globus zutiefst beunruhigt hatten, weil diese nicht wussten, wie weit sie sich auf die alte Schutzmacht noch verlassen konnten oder ob die viel beschworenen gemeinsamen Werte wirklich noch gemeinsame waren.

Jedenfalls war die Überraschung groß, als am Donnerstag Trumps neue UN-Botschafterin, Nikki Haley, so sprach, als wäre sie ihre Vorgängerin, die scharfzüngige Samantha Power. "Die Krim ist Teil der Ukraine", sagte Haley und ließ es an Eindeutigkeit nicht missen, was die neue amerikanische Regierung vom russischen Vorgehen in der Ukraine hält: "Unsere auf die Krim bezogenen Sanktionen bleiben in Kraft, bis Russland die Kontrolle über die Halbinsel an die Ukraine zurückgibt." Die neuen Kämpfe im Osten des geschundenen Landes gingen eindeutig auf das Konto Russlands und "verlangen eine klare und scharfe Verurteilung".

Und das von der UN-Botschafterin des Mannes, der knapp vor Wochenfrist in einem einstündigen Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin die Sanktionen nicht einmal mehr erwähnt hatte und "großartige Beziehungen" der beiden Mächte in Aussicht gestellt hatte. In den vergangenen Wochen waren immer wieder Befürchtungen laut geworden, Trump könne sich mit Putin verständigen und die Annexion der Krim als Fait accompli anerkennen.

Doch Haleys harscher Auftritt war nicht die einzige Überraschung. Am selben Tag veröffentlichte Präsidentensprecher Sean Spicer eine Erklärung des Weißen Hauses, die zumindest auf eine Nachjustierung der Nahostpolitik der neuen Regierung schließen lässt. Nach wie vor glaube man nicht, dass bestehende israelische Siedlungen auf palästinensischen Gebieten ein Hindernis für den Friedensprozess darstellten, formulierte Spicer vorsichtig, doch seien Neubau und Erweiterungen von Siedlungen auf palästinensischem Land dafür vielleicht nicht gerade "hilfreich". Israel hatte - offenkundig in der Annahme, dafür Trumps Billigung zu haben - seit dessen Amtseinführung den Neubau von insgesamt 6000 Siedlerwohnungen angekündigt. Nun sagte der Präsidentensprecher, dass es dazu noch "keine offizielle Position" Washingtons gebe.

Schließlich Iran. Nach dem Test einer Mittelstreckenrakete hatte zwar Trump persönlich dem Land mit Konsequenzen gedroht und am Freitagmorgen mit einem Tweet nachgelegt: "Iran spielt mit dem Feuer - sie wissen es nicht zu schätzen, wie ,nett' Präsident Obama zu ihnen war. Ich nicht!" Aber als Reaktion Amerikas auf die iranische Provokation holte die Regierung wenige Stunden später ein Mittel aus dem diplomatischen Werkzeugkasten, zu dem auch der Demokrat Barack Obama hätte greifen können: neue Sanktionen.

(Foto: N/A)

Ob es dabei bleiben wird, war am Freitag nicht klar. Das Wall Street Journal hatte berichtet, dass die Regierung auch über eine militärische Antwort nachdenke - was immer das am Ende bedeuten würde. Doch spiegeln offenbar die schwankenden Positionen ein Ringen um die Meinungshoheit im Weißen Haus wider, und um das Ohr des Präsidenten. Das geht inzwischen offenbar so weit, dass manche seiner Berater den Präsidenten auch zu Terminen begleiten, bei denen sie gar nicht dabei sein müssten - nur um Trump nicht den Einflüsterungen eines anderen Beraters zu überlassen.

Hatten die US-Medien bisher immer von einem Zwist zwischen Trumps Chefstrategen Stephen Bannon und seinem Schwiegersohn Jared Kushner auf der einen Seite und Stabschef Reince Priebus auf der anderen Seite gesprochen, so hat die Washingtoner Insider-Website Politico inzwischen sogar vier Lager ausgemacht, die miteinander im Clinch liegen sollen.

Offenbar sammeln Bannon und Kushner jeweils eigene kleine, widerstreitende Beratergruppen um sich. Bannon ist ein extrem rechter Ideologe und gilt als Verfechter eines kompromisslosen Kurses auch in der Außenpolitik, in der es nur Gewinner oder Verlierer geben kann. Er dürfte für den Schlüsselsatz in Trumps Rede zur Amtseinführung verantwortlich sein: "Von diesem Tag an wird es nur noch Amerika zuerst sein." Offenbar hat er gleich mehrere ehemalige Mitarbeiter des rechtsextremen Internetportals Breitbart News in sein Büro im Weißen Haus gebracht.

(Foto: N/A)

Doch Trumps Stabschef Priebus, der ehemalige Chef der republikanischen Partei, managt die Personalauswahl für die meisten Stellen im Regierungsapparat und hat wohl Schlüsselstellen im Weißen Haus mit Vertrauten aus der Partei besetzt. Großen Einfluss hat offenkundig auch noch Kellyanne Conway, Trumps ehemalige Wahlkampfmanagerin, die jetzt als Beraterin im Weißen Haus sitzt und in vielen Talkshows als Vertreterin der Regierung auftritt.

Wer aber von den vieren hat das Ohr des Präsidenten? Keiner dürfte das wirklich wissen. Zumal immer wieder aus der Trump-Welt berichtet wird, dass Trump als Kandidat und nun auch als Präsident dazu neigt, die Position zu vertreten, die ihm zuletzt plausibel vorgetragen wurde. Wenn das stimmt, so dürften sich nun Priebus und die Vertreter des Partei-Establishments mehr Gehör verschafft haben. Denn die offiziellen Verlautbarungen der Regierung - vor allem gegenüber Russland, aber auch in der israelischen Siedlungsfrage - nähern sich wieder den Positionen an, wie sie seit jeher von republikanischen Außenpolitikern wie etwa dem Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im Senat, John McCain, vertreten werden.

Zudem hat es wohl zu Wochenbeginn ein Konklave Trumps mit seinen Top-Beratern im Oval Office gegeben, bei denen er ihnen sagte, dass fortan Priebus den Ton angebe.

McCain hatte Trump immer wieder scharf vor einem arglosen Kurs gegenüber Putin gewarnt, einem "ehemaligen KGB-Agenten, der sein Land in die Tyrannei geführt hat". Auch die Stellungnahme des Weißen Hauses zum Siedlungsbau dürfte McCain näher liegen, der in den vergangenen Wochen mehrmals seine Distanz zum außenpolitischen Kurs Trumps hatte erkennen lassen. Der Senator rief am Donnerstag sogar den australischen Botschafter an und versicherte ihm, dass die USA "unerschütterlich" zu dessen Land stehen, "einem von Amerikas ältesten Freunden und treuesten Verbündeten". Das war einen Tag nachdem die Washington Post von einem diplomatischem Fiasko des Präsidenten berichtet hatte. Trump war demnach in einem Telefonat heftig mit Australiens Premier Malcolm Turnbull aneinandergeraten. McCain fühlte sich offenkundig genötigt, den Präsidenten zu korrigieren, was in Washington nicht wirklich üblich ist. Es war aber derselbe Tag, an dem auch die US-Regierung ihren Kurs überraschend korrigierte.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: