Auf Asylsuche:Diese Menschen fliehen nach Deutschland

In NRW wurden Flüchtlinge misshandelt, in Bayern müssen Asylbewerber im Freien campieren - Deutschland ist von dem Ansturm überfordert. Doch wie viele Menschen fliehen eigentlich hierher und warum? Eine Übersicht über die zehn häufigsten Herkunftsländer.

Von Martin Anetzberger

Syrien

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(Foto: dpa)

In NRW wurden Flüchtlinge misshandelt, in Bayern müssen Asylbewerber im Freien campieren - Deutschland ist von dem Ansturm überfordert. Doch wie viele Menschen fliehen eigentlich hierher und warum? Eine Übersicht über die zehn häufigsten Herkunftsländer. Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? Syrische Staatsbürger machen derzeit den größten Teil der Flüchtlinge in Deutschland aus. Im Jahr 2014 (Stand September) stellten sie laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bislang 23 575 Erstanträge auf Asyl. Das entspricht einem Anteil von 20,2 Prozent an allen Erstanträgen. Die Organisation Pro Asyl weist darauf hin, dass die meisten syrischen Flüchtlinge allerdings in den Nachbarstaaten Syriens Zuflucht suchen. Dem UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) zufolge hielten sich in diesen Ländern im März 2014 etwa 2,6 Millionen syrische Flüchtlinge auf. (Bild: syrische Flüchtlinge vor der Bayernkaserne in München) Welche Probleme gibt es in Syrien? In Syrien tobt ein Bürgerkrieg um die Macht im Land. Was im Jahr 2011 als Aufstand gegen Machthaber Baschar al-Assad begann, hat sich zu einem immer komplizierteren Konflikt zwischen Regierungstruppen, den gemäßigten Rebellen der Freien Syrischen Armee und verschiedenen islamistischen Gruppen entwickelt. Amnesty International spricht von schweren Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverstößen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, vor allem von Seiten des Assad-Regimes. Neuerliche Aufmerksamkeit zieht das Treiben der Terrormiliz "Islamischer Staat" auf sich, die Andersgläubige und gemäßigte Muslime als Todfeinde verfolgt und zu einem gewichtigen Machtfaktor in Syrien und dem Irak geworden ist. Wie stehen die Chancen auf Asyl? Flüchtlinge aus Syrien haben von den größeren Gruppen offiziellen Zahlen zufolge die besten Chancen, zumindest vorübergehend in Deutschland bleiben zu dürfen. Von den im Jahr 2014 bisher insgesamt getroffenen 15 485 Entscheidungen des BAMF fielen 89 Prozent positiv aus - diese Zahl wird als "Gesamtschutzquote" bezeichnet. Darunter fallen Menschen, die die Bundesrepublik entweder als Asylberechtigte (898) oder Flüchtlinge (9743) anerkennt, oder denen subsidiärer Schutz (3076, zum Beispiel bei drohender Folter oder drohender willkürlicher Gewalt in einem bewaffneten Konflikt) gewährt wird. Auch Fälle von Abschiebungsverbot (65) gehören dazu.

Serbien

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(Foto: dpa)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? Aus Serbien kommt aktuell die zweitgrößte Gruppe, um hierzulande Asyl zu beantragen. Von Januar bis September 2014 waren es 11 175 Menschen, das entspricht etwa jedem zehnten Flüchtling, der sich in Deutschland im laufenden Jahr registrieren ließ (9,6 Prozent). Welche Probleme gibt es in Serbien? Vor allem Roma sehen sich in Serbien verfolgt und suchen deswegen Zuflucht in Deutschland. Dem Amnesty-Bericht von 2013 zufolge wurden mehr als 1000 Roma aus ihren Unterkünften in Belgrad vertrieben (Bild: Kinder in der Roma-Siedlung Belvil in Belgrad im Frühjahr 2013). Pro Asyl nennt "massive Diskriminierung" als Motiv für deren Flucht. Auch Schwule und Lesben müssen noch immer mit Diskriminierung rechnen. Obwohl sich das Land in Beitrittsverhandlungen mit der Europäischen Union befindet, fliehen viele Menschen auch vor der schlechten wirtschaftlichen Situation im Land. Wie stehen ihre Chancen auf Asyl? Die Chancen stehen seit Kurzem de facto bei null. Serbien gehört zusammen mit Mazedonien und Bosnien-Herzegowina seit der Änderung des Asylrechts in Deutschland (Beschluss des Bundesrats im September) zu den sogenannten sicheren Herkunftsländern. Damit werden Abschiebungen von Antragstellern erleichtert. Schon zuvor betrug die Gesamtschutzquote für Flüchtinge aus Serbien nur 0,2 Prozent, weil sie in der Regel nicht als politisch verfolgt gelten.

Eritrea

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(Foto: AFP)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? 9598 Menschen aus Eritrea kamen seit Jahresbeginn nach Deutschland und stellten einen Asylantrag, dies entspricht einem Anteil von 8,2 Prozent an allen Erstanträgen. Welche Probleme gibt es in Eritrea? In Eritrea herrscht eine Militärdiktatur über die Bevölkerung. Amnesty prangert in dem Land die Haftbedingungen für politische Gefangene sowie Folter an. Oppositionsparteien und unabhängige Medien sind verboten. Schon Minderjährige müssten ein militärisches Training über sich ergehen lassen. Die Menschen leiden außerdem an Hunger. Die Welthungerhilfe bezeichnet die Lage in dem ostafrikanischen Land im aktuellen Welthungerindex als "gravierend". (Bild: Särge der bei der Lampedusa-Katastrophe im Oktober 2013 ertrunkenen Afrikaner, darunter Menschen aus Eritrea und Somalia) Wie stehen die Chancen auf Asyl? Etwas mehr als jeder zweite Flüchtling aus Eritrea (51,9 Prozent) darf derzeit vorerst in Deutschland bleiben. Diese Zahl ist vor allem bei Eritrea nur bedingt aussagekräftig. Denn lediglich in elf von knapp 1500 Entscheidungen seit Januar 2014 sprach das BAMF eine Ablehnung aus. Etwa die Hälfte der Fälle wurden gar nicht inhaltlich geprüft - sie fallen damit in der Statistik unter "sonstige Verfahrenserledigungen" -, weil das Bundesamt zum Beispiel die Zuständigkeit nach dem Dublin-Verfahren ablehnte und den Fall an ein anderes EU-Mitglied verwies.

Afghanistan

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(Foto: AFP)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? Afghanen stellten 2014 bisher 6574 Erstanträge auf Asyl. Das entspricht einem Anteil von 5,6 Prozent. Welche Probleme gibt es in Afghanistan? Afghanistan kommt auch lange nach Kriegsende nicht zur Ruhe. Anschläge mit vielen Toten gehören zum Alltag (Bild: der Tatort eines Bombenattentats in Kabul im Oktober 2014). Im jüngsten Amnesty-Bericht ist von Zivilpersonen die Rede, die "wahllos getötet und verstümmelt" würden. Als Verantwortliche nennt die Organisation die Taliban und andere bewaffnete Gruppen. Wie stehen die Chancen auf Asyl? Nach Syrien, Irak und Eritrea hat Afghanistan die viertgrößte Gesamtschutzquote der zehn stärksten Herkunftsländer. Sie liegt für das Jahr 2014 bei 45,9 Prozent (5737 Entscheidungen). Auch hier muss erwähnt werden, dass sich das BAMF mit etwa einem Drittel der Fälle (1860) gar nicht inhaltlich auseinandersetzte.

Albanien

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(Foto: AFP)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? Aus dem kleinen Balkanstaat kamen zwischen Januar und September 5526 Menschen und stellten einen Asylantrag (4,7 Prozent aller Erstanträge). Welche Probleme gibt es in Albanien? Der UN-Ausschuss gegen Folter zeigte sich im Sommer 2012 besorgt darüber, dass das albanische Innenministerium keine effektiven Untersuchungen nach mutmaßlichen "Misshandlungen durch Polizeikräfte" einleite. Das geht aus dem jüngsten Amnesty-Bericht für das Land von 2013 hervor. Zudem wird vielen Roma angemessener Wohnraum verweigert. Außerdem seien sie teils Übergriffen aus der Bevölkerung ausgesetzt. Auch Angriffe auf sexuelle Minderheiten würden trotz eines Antidiskriminierungsgesetzes von staatlicher Seite nicht öffentlich verurteilt. (Bild: eine Roma-Familie, die in der südalbanischen Stadt Gjirokastra in einem temporären Lager lebt) Wie stehen die Chancen auf Asyl? Ähnlich wie bei anderen Balkanstaaten stehen die Chancen für Asylsuchende aus Albanien sehr schlecht. Momentan liegt die Quote derer, die in Deutschland bleiben dürfen, bei 2,3 Prozent. Dabei gilt Albanien im Gegensatz zu Serbien oder Mazedonien in Deutschland nicht als sicheres Herkunftsland - anders als etwa in Frankreich, wo es derzeit schon als sicher eingestuft wird. Auch hierzulande wird darüber diskutiert, die Regeln zu ändern. Vor Kurzem forderte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt, Albanien anderen Balkanstaaten gleichzustellen.

Somalia

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(Foto: dpa)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? 4325 Asylanträge gingen in diesem Jahr von Bürgern aus Somalia ein (3,7 Prozent aller Erstanträge). Welche Probleme gibt es in Somalia? Pro Asyl bezeichnet Somalia als "zerfallenen Staat", der von "brutalen Warlords beherrscht wird". Regierungstruppen, die Friedensmission der Afrikanischen Union (Amisom) und die islamistische Al-Shabab-Miliz befinden sich in einem bewaffneten Konflikt, der Bürgerkrieg dauert seit mehr als 25 Jahren an. Im Bericht von 2013 beklagt Amnesty Menschenrechtsverstöße aller Konfliktparteien, der Shabab-Miliz wirft sie den Einsatz von Kindersoldaten (Bild) vor. Wie stehen die Chancen auf Asyl? Für somalische Flüchtlinge betrug die Gesamtschutzquote im Jahr 2014 bei insgesamt 2904 Entscheidungen 23,1 Prozent. Auch hier liegt die Schutzquote bei den Fällen, die tatsächlich inhaltlich in Deutschland geprüft wurden, wesentlich höher. Aber ca. zwei Drittel der 2904 Entscheidungen fallen hier unter die Kategorie "sonstige Verfahrenserledigungen", etwa weil deutsche Behörden EU-Nachbarländer für zuständig halten. In weniger als jedem zehnten Fall lehnte das BAMF das Asylgesuch ab.

Bosnien-Herzegowina

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(Foto: AFP)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? Bürger aus dem südosteuropäischen Land stellten in diesem Jahr bisher 4076 Erstanträge auf Asyl, das entspricht 3,5 Prozent aller Anträge. Welche Probleme gibt es in Bosnien-Herzegowina? Auch in Bosnien-Herzegowina fühlen sich vor allem Roma diskriminiert und verlassen deshalb das Land. Im jüngsten Bericht beschreibt Amnesty zunehmend nationalistische Tendenzen bei den großen Parteien des Landes. (Bild: gewalttätige Proteste gegen die Regierung in Sarajevo im Feburar 2014) Wie stehen die Chancen auf Asyl? Bosnien-Herzegowina gehört zusammen mit Serbien und Mazedonien seit der kürzlichen Änderung des Asylrechts in Deutschland zu den sogenannten sicheren Herkunftsländern. Damit werden Abschiebungen von Antragstellern erleichtert. Schon zuvor betrug die Gesamtschutzquote für Flüchtlinge aus Bosnien-Herzegowina nur 0,3 Prozent, weil sie in der Regel nicht als politisch verfolgt gelten.

Mazedonien

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(Foto: dpa)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? 3996 Menschen verließen zwischen Januar und September 2014 Mazedonien und baten in Deutschland um Asyl (Quote: 3,4 Prozent). Welche Probleme gibt es in Mazedonien? Ähnlich wie in anderen Balkanstaaten werden Roma auch in Mazedonien ausgegrenzt. Amnesty zufolge sind auch sexuelle Minderheiten nicht ausreichend vor Diskriminierung geschützt. Wie stehen die Chancen auf Asyl? Mazedonien gehört zusammen mit Serbien und Bosnien-Herzegowina seit der kürzlichen Änderung des Asylrechts in Deutschland zu den sogenannten sicheren Herkunftsländern. Damit werden Abschiebungen von Antragstellern erleichtert. Schon zuvor betrug die Gesamtschutzquote für Flüchtinge aus Mazedonien nur 0,3 Prozent, weil sie in der Regel nicht als politisch verfolgt gelten.

Russische Föderation

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(Foto: dpa)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? 3439 Menschen aus der russischen Föderation kamen seit Januar 2014 nach Deutschland, um hier Asyl zu beantragen (Quote: 2,9 Prozent). Welche Probleme gibt es in Russland? Pro Asyl hebt die Diskriminierung der tschetschenischen Bevölkerung hervor. Gegenüber ihr herrsche "eine Mischung" aus Willkür, Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung". Amnesty kritisiert Repressalien als Reaktion auf gewaltfreie Proteste gegen die Regierung sowie unfaire Prozesse und Folter. Hinzu kämen Menschenrechtsverletzungen sowie die Diskriminierung von sexuellen und ethnischen Minderheiten und politisch Andersdenkenden. (Bild: Iim Juni 2013 treiben Sicherheitskräfte in Sankt Petersburg Teilnehmer einer Schwulenkundgebung mit Gewalt auseinander) Wie stehen die Chancen auf Asyl? Die Chancen auf Asyl in Deutschland sind für Bürger der Russischen Föderation ein wenig besser als für Menschen vom Balkan. Die Gesamtschutzquote aller Entscheidungen des Jahres 2014 beträgt 5,9 Prozent.

Irak

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(Foto: REUTERS)

Wie viele Flüchtlinge kommen nach Deutschland? Der Irak nimmt derzeit Platz zehn auf der Liste der stärksten Herkunftsländer für Flüchtlinge ein: 3386 Erstanträge auf Asyl entsprechen 2,9 Prozent aller Anträge. Welche Probleme gibt es im Irak? Nach dem Sturz Saddam Husseins und dem Abzug der amerikanischen Truppen 2011 blieb ein äußerst instabiler irakischer Staat zurück, in dem sich schiitische und sunnitische Muslime teils unversöhnlich gegenüberstehen. Beinahe täglich wird das Land von Bombenanschlägen mit vielen Toten erschüttert. Im Norden des Landes hat der "Islamische Staat" die Kontrolle über große Gebiete übernommen und kämpft dort gegen die kurdischen Peschmerga-Kämpfer und verfolgt die religiöse Minderheit der Jesiden. (Bild: Jesiden im August 2014 auf der Flucht vor Kämpfern des "Islamischen Staats" im Sindschar-Gebirge) Wie stehen ihre Chancen auf Asyl? Flüchtlingen aus dem Irak wird seit Januar 2014 in 63,8 Prozent der Fälle ein befristetes Bleiberecht in Deutschland zugesprochen.

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