Antrag auf NPD-Verbotsverfahren:Friedrichs Jein

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Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die Länder scheinen sich in Sachen  NPD-Verbotsverfahren zu einigen. (Foto: dapd)

Innenminister Friedrich sperrt sich nicht mehr kategorisch gegen ein NDP-Verbotsverfahren. Der CSU-Politiker bewertet die Erfolgsaussichten allerdings immer noch verhalten. Zudem befürchtet er, dass die sieche Partei durch die Verbotsdebatte mehr Aufmerksamkeit und neuen Zulauf bekommen könnte - und das ausgerechnet vor der Bundestagswahl.

Susanne Höll, Berlin

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gibt sich in der politischen Auseinandersetzung mit den Länderchefs - unter ihnen auch sein Parteivorsitzender Horst Seehofer - um ein NPD-Verbotsverfahren weitgehend geschlagen. Friedrich, der einen zweiten Anlauf vor dem Bundesverfassungsgericht aus Sorge vor einem abermaligen Misserfolg ablehnt, sperrt sich inzwischen nicht mehr ausdrücklich gegen einen neuen Antrag.

In einem gemeinsamen Schreiben mit dem Innenminister Sachsen-Anhalts, Holger Stahlknecht (CDU), verweist der CSU-Politiker zwar auf seine Bedenken. Ein grundsätzliches Nein, das Friedrich dem Vernehmen nach bis zuletzt erwogen hatte, findet sich in dem Schreiben für die Innenministerkonferenz in dieser Woche in Warnemünde aber nicht. Im Bund und in den Ländern wird mittlerweile fest damit gerechnet, dass die Innenminister am Mittwoch einen neuen Antrag empfehlen werden - und die Ministerpräsidenten dann bei ihrer Konferenz am Donnerstag vereinbaren, im Bundesrat alsbald einen neuen Antrag zu beschließen.

In dem Schreiben bewerten Friedrich und Stahlknecht das Material, das Bund und Länder in den vergangenen Monaten gesammelt haben, um Karlsruhe von der Verfassungsfeindlichkeit und der aggressiv-kämpferischen anti-demokratischen Gesinnung der NPD zu überzeugen. Die Sammlung von mehr als 1000 Seiten, in denen angeblich keine Informationen von Spitzeln der Verfassungsschutzämter enthalten sind, "lassen Chancen und Risiken des Verfahrens erkennen", heißt es in dem Brief.

Die Erfolgsaussichten bewerten beide Minister verhalten. "Unter Berücksichtigung der im Bericht enthaltenen Ausführungen und in Abwägung der dargestellten prozessualen Risiken muss der Ausgang des Verfahrens nach übereinstimmender Ansicht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe als offen betrachtet werden", heißt es weiter.

"Frage der politischen Abwägung"

Außerdem wird darauf verwiesen, dass ein Verbotsantrag auch eine "Frage der politischen Abwägung" sei. Hans-Peter Friedrich befürchtet, dass ein weiterer Anlauf vor dem Karlsruher Verfassungsgericht der derzeit darbenden NPD ausgerechnet vor der Bundestagswahl im Herbst 2013 neuen Zulauf und Aufmerksamkeit verschaffen könnte.

Die beiden Minister, die die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Prüfung eines Verbotsantrags geleitet hatten, weisen auch auf die Risiken eines weiteren Verfahrens hin. So sei damit zu rechnen, dass das Bundesverfassungsgericht ein Parteienverbot schärfer prüfen und höhere Hürden aufstellen werde als in den 1950er Jahren, als die Richter erst die Sozialistische Reichspartei und dann die KPD verboten hatten. Auch verweisen beide Politiker darauf, dass die NPD im Fall einer Niederlage in Karlsruhe vor den Europäischen Menschengerichtshof ziehen dürfte, der noch höhere Ansprüche an ein Parteienverbot stellen werde als das Verfassungsgericht.

Friedrich hatte nach Darstellung aus Sicherheitskreisen erwogen, als Verfassungsminister seine grundsätzliche Ablehnung in der kommenden Woche deutlich zu machen. Da aber inzwischen alle Ministerpräsidenten ein neues Verfahren befürworten, hätte er sich damit in eine Zwickmühle gebracht. Wenn sich die Bundesregierung gegen den Rat des zuständigen Bundesministers einer Klage anschließen würde, hätte Friedrich womöglich zurücktreten müssen.

© SZ vom 03.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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