Antikorruptionsgesetz:Rumänische Regierung zieht umstrittenes Dekret zurück

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  • Die rumänische Regierung will das Dekret zur Lockerung der Antikorruptionsgesetze zurücknehmen.
  • Das fragliche Dekret macht Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme straffrei, wenn es dabei um Summen unter 45 000 Euro geht.
  • Hunderttausende Rumänen protestieren seit Tagen dagegen.

Rumäniens Regierung will ein umstrittenes Dekret wieder zurücknehmen. Dieses hätte die bestehenden Antikorruptionsregeln aufgeweicht. Das Kabinett werde sich noch am Sonntag treffen, um das Dekret wieder aufzuheben, sagte Regierungschef Sorin Grindeanu in Bukarest. In Rumäniens Hauptstadt hatten sich erneut zahlreiche Demonstranten zum Protest gegen die Regierung eingefunden. Mehrere zehntausend Rumänen versammelten sich vor dem Sitz der Regierung in der Hauptstadt, um ihrem Unmut Luft zu machen. Kinder hielten rumänische oder europäische Flaggen in den Händen, viele Familien waren unter den Protestierenden.

Die Menschenmenge zog zum Sitz des Parlaments und machte mit Trillerpfeifen und Vuvuzelas in den Nationalfarben laut auf sich aufmerksam. Später sollte eine Menschenkette gebildet werden. Bereits am Freitagabend hatten landesweit etwa 250 000 Menschen demonstriert, allein 100 000 in Bukarest. Samstag war der fünfte Tag in Folge, an dem die Bürger gegen das umstrittene Dekret der Regierung vom Dienstag demonstrierten.

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Der rumänische Politologe Cristian Parvulescu äußerte die Einschätzung, dass "keine Regierung solchen Demonstrationen standhalten" könne. Die rumänische Führung habe ihre "Legitimität verloren". Die Rumänen hätten ihrerseits verstanden, dass sie sich "rasch mobilisieren müssen, um die Demokratie zu verteidigen".

Das umstrittene Dekret als größter Rückschlag der Reformen

Das fragliche Dekret macht Amtsmissbrauch und Vorteilsnahme straffrei, wenn es dabei um Summen von weniger als umgerechnet 45 000 Euro geht. Die Regierung hatte den Schritt unter anderem mit überfüllten Gefängnissen begründet. Profitiert hätten jedoch auch viele Politiker, darunter der Chef der rumänischen Sozialdemokraten, Liviu Dragnea.

Die Maßnahme gilt als der größte Rückschlag bei den Reformen in Rumänien, seit das einst kommunistische Land vor zehn Jahren der Europäischen Union beitrat. Gegen die Lockerung der Antikorruptionsgesetze haben so viele Menschen demonstriert wie in Rumänien seit dem Sturz von Machthaber Nicolae Ceausescu vor gut 27 Jahren nicht mehr.

© SZ.de/AFP/dpa/fued - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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